Was ist ein intrakranielles Aneurysma?

Bei etwa 2-3 % der Menschen liegt ein intrakranielles Aneurysma vor, also eine pathologische Aussackung einer Hirnarterie. Bei einer Aneurysmaruptur kann es zu einer schweren intrakraniellen Blutung kommen – ein lebensbedrohlicher Notfall mit akutem Handlungsbedarf und leider meist schlechter Prognose. Wichtig ist dann zunächst eine rasche therapeutische Versorgung des blutungsursächlichen Aneurysma, um eine erneute schwere Blutung zu verhindern. Aneurysmen können aber auch inzidentell nebenbefundlich entdeckt werden im Rahmen einer bildgebenden Untersuchung des Kopfes mittels CT oder MRT, dann ohne assoziierte Symptome. Symptomatische Aneurysmen werden durch Kompression angrenzender Strukturen wie beispielsweise dem Nervus oculomotorius bemerkbar. Gelegentlich kommt es auch zu kleineren Embolien aus einem Aneurysma.

Wie können intrakranielle Aneurysmen behandelt werden?

Grundsätzlich existieren zwei verschiedene therapeutische Ansätze bei der Aneurysmatherapie: Zum einen die neurochirurgische, bei der nach Schädeleröffnung in der Regel mittels Clip das Aneurysma ausgeschaltet wird. Zum anderen die endovaskuläre, also neurointerventionelle, bei der minimal-invasiv über Gefäßkatheter eine Zugang zum Aneurysma geschaffen wird und dieses dann endovaskulär – also von innen – ausgeschaltet wird. Dieses Verfahren hat sich in den letzten Jahren zunehmend etabliert und stellt inzwischen in vielen Situationen die Therapie der Wahl dar. Hier ist eine enge interdisziplinäre Absprache und Kooperation von Neurochirurgie und Neuroradiologie essentiell.

Welche unterschiedlichen endovaskulären Techniken der Aneurysmabehandlung gibt es?

Hier gab es in den letzten Jahren erhebliche technische und materialbezogene Fortschritte, sodass für die moderne neurointerventionelle Aneurysmabehandlung verschiedene Verfahren zur Verfügung stehen, die teilweise auch miteinander kombiniert werden können, bei sehr gutem Risikoprofil. Langjährig bewährt ist die Behandlung mittels Coilembolisation. Dabei wird zunächst ein Mikrokatheter durchleuchtungsgesteuert in den Aneurysmasack vorgeführt. Über diesen Mikrokatheter werden dann Platinspiralen in den Aneurysmasack eingeführt, der dadurch schrittweise aufgefüllt und schließlich verschlossen wird. Mithilfe eines zusätzlich eingebrachten Ballonkatheters kann die Coilembolisation unterstützt werden, man spricht dann von „Ballon-Remodelling“. Außerdem kann zusätzlich ein Stent in das Trägergefäß über dem Aneurysma eingesetzt werden, der ein Verbleiben der Coilspiralen im Aneurysmasack gewährleistet.

Zu den neueren Entwicklungen in der interventionellen Neuroradiologie gehört die Versorgung mittels Flow Diverter. Dabei handelt es sich um einen sehr feinmaschigen, flussmodulierenden Stent, der im Trägergefäß über dem Aneurysma entfaltet wird. Es kommt zur Blutflussreduktion und schließlich zur Thrombose innerhalb des Aneurysmas. Entlang des Flow Diverters kommt es zur Ausbildung einer Neointima. So wird das Aneurysma vom Blutfluss isoliert und das Trägergefäß rekonstruiert. Zahlreiche Studien haben inzwischen die Effektivität dieser Methode bei sehr gutem Sicherheitsprofil aufgezeigt.

Eine weitere innovative Behandlungsform stellt der Einsatz intraaneurysmaler Flussteiler dar (zB WEB (Microvention) oder Contour (Stryker)). Dabei handelt es sich um ein feinmaschiges, körbchenartiges Drahtgeflecht, das insbesondere bei breitbasigen Bifurkationsaneurysmen zum Einsatz kommen kann. Der Flussteiler wird über einen Mikrokatheter innerhalb des Aneurysmas freigesetzt und dichtet dann den Aneurysmahals gegen das Trägergefäß ab. Auch hier ist die dadurch hervorgerufene Flussmodulation und Flussunterbrechung ins Aneurysma entscheidend für den anschließenden Aneurysmaverschluss.

All diese Verfahren werden am Klinikum Ernst von Bergmann angeboten

„Dank der Aufbauarbeit der letzten Jahre am Department für Neuroradiologie um Departmentleiter Dr. Simon Fuchs können wir inzwischen das gesamte Spektrum der endovaskulären neurointerventionellen Aneurysmatherapie an unserem Haus bedienen“, freut sich Prof. Lukas Beyer, Chefarzt und Zentrumsleiter des Zentrum für interventionelle und diagnostische Radiologie und Neuroradiologie des Klinikum Ernst von Bergmann.

„Die Entscheidung, ob ein Aneurysma endovaskulär oder neurochirurgisch versorgt werden muss wird stets gründlich interdisziplinär besprochen, sodass wir den Patientinnen und Patienten die jeweils bestmögliche Therapie anbieten können. Auch bei der Betreuung sogenannter Vasospasmen nach einer Aneurysmablutung spielt die Neuroradiologie eine entscheidende Rolle“, schätzt Dr. med. Uwe Träger, Chefarzt der Neurochirurgie ein.

„Die Zusammenarbeit mit der Neurochirurgie ist hervorragend am Klinikum Ernst von Bergmann. Es freut mich sehr, dass wir am Klinikum das gesamte Spektrum der modernen Aneurysmaversorgung vorhalten können“, so Dr. med. Simon Fuchs, Departmentleiter der Neuroradiologie.

Einer endovaskulären Behandlung eines nicht rupturierten intrakraniellen Aneurysma in der interventionellen Neuroradiologie vorgeschaltet ist eine umfassende diagnostische Einordnung des Aneurysma mittels DSA (Diagnostische Subtraktionsangiographie) mit anschließender interdisziplinärer Fallbesprechung durch die Kolleg*innen aus Neurochirurgie und Neuroradiologie. Für die eigentliche Behandlung des Aneurysma ist dann in der Regel ein kurzer stationärer Aufenthalt von drei Tagen ausreichend. Meist ist die Einnahme thrombozytenfunktionshemmender Medikamente bereits vor der stationären Aufnahme erforderlich. Deren Funktionshemmung wird dann bei der stationären Aufnahme über eine Blutentnahme getestet und angepasst.

Die Intervention erfolgt am zweiten stationären Tag in Intubationsnarkose mit anschließender kurzzeitiger Überwachung auf einer Intensivstation. Am Folgetag kommen die Patient*innen dann noch für einen Tag auf Normalstation, die Entlassung kann in aller Regel am dritten Tag erfolgen.

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