Ottfried Preußler

Seien Sie gut zu Kindern. Wir haben nichts Besseres!

Unfälle und damit verbundene Verletzungen eines Kindes sind für die jungen Patient*innen und deren Familie ein einschneidendes Ereignis. Nicht nur die Sorge um den Sprössling, auch viele Fragen zur Behandlung mit möglichen Operationen sowie zum Heilungsverlauf belasten die Angehörigen; das familiäre Umfeld leidet mit. Es muss ggf. die Betreuung von Geschwisterkindern organisiert werden, wenn ein längerer Krankenhaus-Aufenthalt notwendig wird.

Kindertraumatologie

Im Falle schwerstverletzter Kinder erfolgt durch den Rettungsdienst eine Voranmeldung als Polytrauma und die Vorstellung über den Schockraum in der Zentralen Notaufnahme. Hier stehen Kolleg*innen der Kinder- und Jugendchirurgie, Unfallchirurgie und Anästhesie bereit, um sofort die Behandlung zu übernehmen. In unmittelbarer Nähe befinden sich Röntgenabteilung (mit MRT und CT) und Operationssäle, die eine umgehende Diagnostik und ggf. operative Behandlung möglich machen. Unser Klinikum kann als einziges Krankenhaus im Land Brandenburg eine eigenständige Kindernotaufnahme vorweisen. Sie ist rund um die Uhr mit spezialisiertem medizinischem Fachpersonal besetzt, sodass Kinder bei Verletzungen oder akuten Erkrankungen jederzeit bei uns vorgestellt werden können. Die Behandlung verunfallter Kinder ist ein wesentlicher Bestandteil unserer täglichen Arbeit, wobei Kindergartenund Schulunfälle eine maßgebliche Rolle spielen. Nicht alle Verletzungen sind so schwer, dass sie einer operativen Versorgung bedürfen. Die Weiterbehandlung kann dann durch den Kinderarzt/die Kinderärztin oder den ambulanten (Kinder-)Chirurgen/die ambulante (Kinder-)Chirurgin erfolgen. Ausgewählte Fälle werden in unserer D-Arzt-Sprechstunde betreut. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ – dies gilt vor allem in der Kinder- und Jugendtraumatologie. Im Gegensatz zu älteren Patient*innen befindet sich das Skelett noch im Wachstum, das muss sowohl bei der konservativen als auch operativen Behandlung von Frakturen besondere Beachtung finden. Für die operative Frakturversorgung stehen diverse Verfahren zur Verfügung: geschlossene oder offene Reposition mit entsprechender Osteosynthese durch Drähte, Schrauben oder Nägel. Hierbei sind die Besonderheiten des wachsenden Skeletts mit Wachstumsfugen und erhöhtem Korrekturpotential zu berücksichtigen, was eine entsprechende Expertise voraussetzt. 

In besonderen Fällen ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den organspezialisierten Fachdisziplinen der Erwachsenenmedizin erforderlich, vor allem bei Jugendlichen am Übergang zum Erwachsenenalter. Dabei kommt der Kooperation mit der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie eine besondere Bedeutung zu. Dies erfolgt vor allem mit Blick auf die modernen Verfahren in der „erwachsenen“ Traumatologie. Auch endoskopische Eingriffe im Sinne von Arthroskopien führen wir gemeinsam durch. Es kann erforderlich werden, dass für die Sicherung einer Diagnose spezielle bildgebende Verfahren Anwendung finden. Die Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MRT) oder einer Computertomographie (CT) findet in enger Abstimmung mit den Kolleg*innen der Kinderradiologie statt, einem oberärztlich geleiteten Bereich des Klinikum Ernst von Bergmann. Neben dem umfangreichen Gebiet der Kindertraumatologie bietet die Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie des Klinikums Westbrandenburg, Standort Potsdam, weitgehend das gesamte Spektrum der chirurgischen Leistungen am Kind an. Dazu gehören:

Neugeborenenchirurgie

Angeborene Fehlbildungen finden sich bei ca. 5 % aller Neugeborenen, wobei die meisten bereits im Rahmen der Pränataldiagnostik festgestellt und mit den werdenden Eltern besprochen werden können. Die Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie ist als fester Bestandteil des Perinatalzentrums Level 1 der Ernst von Bergmann Gruppe in die Betreuung der Familie vor und nach der Geburt sowie in die Behandlung des Kindes eingebunden. Möglichst frühzeitig besprechen wir interdisziplinär mit den Kolleg*innen der Neonatologie, der Pränataldiagnostik und der Geburtshilfe unter Einbeziehung der Eltern das erwartete Krankheitsbild und die notwendigen Maßnahmen nach der Geburt. Viele Fehlbildungen müssen nicht notfallmäßig versorgt werden, z.B. Ösophagusatresie, Darmatresien, Zwerchfellhernien. Hier kann zunächst in den ersten Lebenstagen die erforderliche Diagnostik erfolgen (Echokardiographie, Sonographie, Röntgen, Magnetresonanztomographie), bevor wir geplant die entsprechende operative Versorgung durchführen. Einige Fehlbildungen jedoch bedürfen einer umgehenden oder zeitnahen Versorgung. Dazu gehört z.B. die Laparoschisis, ein Bauchwanddefekt, bei dem die Organe außerhalb der Bauchhöhle liegen. In diesen Fällen wird mit den Kollegen und Kolleginnen der Geburtshilfe eine Sectio caesaria geplant, um beste Voraussetzungen für die postpartal umgehend notwendige Operation (Bauchdeckenverschluss) und für das Kind einen damit verbundenen optimalen Start in das Leben zu ermöglichen. Akute Erkrankungen des Früh- und Neugeborenen wie nekrotisierende Enterokolitis oder intestinaler Volvulus sind in der Erkennung und Behandlung herausfordernd. Hier ist eine kinderchirurgische Expertise entscheidend, um mit den Kolleg*innen der Neonatologie die bestmögliche Versorgung der Kinder zu gewährleisten. Bei unseren Entscheidungen orientieren wir uns stets an den aktuell gültigen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften. Im Verlauf werden die Kinder mit prä- und postnatal diagnostizierten Fehlbildungen und Krankheitsbildern im Rahmen einer strukturierten Nachsorge über die kinderchirurgische KV-Ambulanz weiterbetreut. Bei komplexen angeborenen Fehlbildungen steht unser Team zudem im aktiven Austausch mit den jeweils spezialisierten Zentren in Deutschland.

Kinder- und Jugendurologie

Erkrankungen des Urogenitaltraktes im Kindesalter unterscheiden sich grundlegend von denen im Erwachsenenalter, es handelt sich vorwiegend um Fehlbildungen und deren Folgen. Deshalb gehört die Behandlung (konservativ und operativ) in die Hände versierter Kinderchirurg*innen. Störungen im harnableitenden System (Ureterabgangsstenose, vesikoureteraler Reflux, Harnröhrenklappen) sind ggf. mit operativen Maßnahmen verbunden. Dabei spielen sowohl endoskopische als auch offene Operationsverfahren eine Rolle. Die Nierenbeckenplastik nach Anderson-Hynes bei Ureterabgangsstenose führen wir z.B. auch minimalinvasiv durch. Auch Veränderungen am äußeren Genitale (Hypospadie), Fehlbildungen der weiblichen Genitalorgane und die Behandlung von Ovarialzysten und –tumoren gehören zu unserem Behandlungsspektrum. Endoskopische Untersuchungsverfahren (Urethrozystoskopie) sind in allen Altersgruppen möglich, wofür uns Geräte in verschiedenen Größen zur Verfügung stehen. Bei akuten Erkrankungen wie der Hoden- oder Ovarialtorsion profitieren unsere Patient*innen von der Kindernotaufnahme sowie der 24/7-Verfügbarkeit der Ärzt*innen der Kinder- und Jugendchirurgie. Beide Erkrankungen sind medizinische Notfälle, wobei sich die Organe jeweils um die eigene Achse drehen und somit die Blutversorgung über die zuführenden Gefäße unterbrochen wird. Innerhalb der ersten sechs Stunden nach dem Auftreten der Symptome muss ein operativer Eingriff erfolgen, um bleibende Schäden zu vermeiden. Eine strukturierte (Nach-)Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit urologischen Erkrankungen kann über unsere spezielle KV-Sprechstunde erfolgen. Haben die Kinder- und Jugendlichen das Erwachsenenalter erreicht, führen wir bei Bedarf eine Transition in die Klinik für Urologie in der Ernst von Bergmann Gruppe durch. Dadurch können wir unseren Patient*innen eine qualifizierte Weiterbehandlung, wie beispielsweise auch bei Nierensteinen, ermöglichen. Dazu arbeiten wir bereits vor der tatsächlichen Transition eng mit den entsprechenden Kolleg*innen zusammen.

Urodynamik

Im Rahmen der kinderurologischen Sprechstunde betreuen wir Patient*innen, bei denen z.B. eine neurogene Blasenentleerungsstörung vorliegt. Hierbei ist in regelmäßigen Intervallen eine urodynamische Untersuchung mit Erfassung der Blasenkapazität und -sensorik notwendig, um die Behandlung an die aktuellen Befunde anzupassen und Folgeerkrankungen wie Harnwegsinfektionen oder Nierenfunktionseinschränkungen zu verhindern.

Plastische Chirurgie

Jedes Jahr müssen allein in Deutschland mehr als 30.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren mit Verbrühungen und Verbrennungen ärztlich versorgt werden. Rund 7.000 von ihnen verletzen sich so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. 16 Bereits mit der Vorstellung in unserer Kindernotaufnahme beginnt die Versorgung der Wunden. Je nach Ausmaß der Verletzung sind ein oder mehrere Eingriffe in Narkose erforderlich. Folgen von thermischen Verletzungen begleiten die Kinder und Jugendlichen ggf. ein Leben lang. Es ist uns deshalb ein Anliegen, eine frühzeitige kompetente Behandlung durchzuführen. Dazu gehört auch unter Umständen eine Kompressionstherapie. Diese Behandlungsmethode kommt zum Einsatz, sobald die Wunde geschlossen und mit dem Risiko einer Narbenbildung zu rechnen ist. Mittels individuell passender Kompressionskleidung soll eine optimal wirksame Druckverteilung auf den verletzten Bereich erzielt werden. Neben der Behandlung der thermischen Verletzungen ist uns ein wichtiges Anliegen, eng mit Arbeitsgemeinschaften und Vereinen für Brandverletzte zusammenzuarbeiten. Seit Jahren unterstützen wir den Paulinchen e.V. und beteiligen uns aktiv am Aktionstag „Tag des brandverletzten Kindes“, welcher jährlich am 7. Dezember stattfindet. Im Bereich der plastischen Chirurgie behandeln wir auch Kinder mit Syn- und Polydaktylie. Sie sind häufige Fehlbildung der Hände oder Füße und können ein- oder beidseitig auftreten. Hier sind meist operative Maßnahmen sinnvoll. Diese erfolgen bei uns meist in der Zeit um den ersten Geburtstag des betroffenen Kindes. Im Anschluss an den chirurgischen Eingriff kann auch hier die Kompressionsbehandlung mit anschließender physiotherapeutischer Betreuung erforderlich werden.

Brustwand-Deformitäten

Die Trichterbrust (Pectus excavatum) kann für betroffene Jugendliche (meist Jungen) eine große psychische Belastung darstellen. Physische Beeinträchtigungen bestehen in der Regel kaum. In unserer KV-Sprechstunde beraten wir die Jugendlichen und die Sorgeberechtigten über Behandlungsmöglichkeiten. Als eine von wenigen kinder- und jugendchirurgischen Einrichtungen führen wir die Trichterbrustkorrektur-Operation nach NUSS durch. Es handelt sich um ein minimal-invasives Verfahren, bei dem unter thorakoskopischer Kontrolle ein Metallbügel hinter dem Brustbein eingebracht und dieses damit aufgerichtet wird. Der Bügel wird nach circa drei Jahren wieder entfernt. Der Korrektureingriff sollte im Alter von 14-16 Lebensjahren erfolgen, hier ist noch eine dauerhafte Formung des Brustkorbes möglich und ein Rezidiv nach Entfernung des Bügels unwahrscheinlich.

Hämangiome

Hämangiome (Blutschwämmchen, gutartiger Gefäßtumor) gehören neben den Gefäßfehlbildungen (vaskuläre Malformationen) zu den Gefäßanomalien. Sie treten bei ca. 5-10 % aller Neugeborenen in den ersten Lebenstagen oder -wochen auf. Gefäßmalformationen können an allen Körperstellen auftreten und sind manchmal bei Geburt schon sichtbar. Die Therapiemöglichkeiten bei Hämangiomen sind vielseitig und ganz individuell in unserer Spezialsprechstunde abzuwägen. Oft kommt eine medikamentöse Therapie mit Propranolol in Form von Saft (Hemangiol®) oder Creme zum Einsatz. Da diese Behandlungsmethoden, einzeln oder in Kombination, meist schon den gewünschten Erfolg erzielen, rückt die chirurgische Intervention aktuell immer mehr in den Hintergrund. Alle operativen Eingriffe finden in Allgemeinnarkose statt. Dabei arbeiten wir eng mit den Kolleginnen und Kollegen des Departments für Kinderanästhesie zusammen, die über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten auf diesem Gebiet verfügen. Weitere Fachgebiete aus der operativen Kindermedizin, z.B. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie, Augenheilkunde profitieren von der interdisziplinären Zusammenarbeit.

Professionelles Pflegeteam

Die optimale Versorgung der Neugeborenen, Kinder und Jugendlichen ist nur im Zusammenspiel mit einem hochprofessionellen Pflegeteam möglich, deshalb unterstützen wir aktiv die Vertiefung Pädiatrie in der generalistischen Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpflege. Uns liegt nicht nur das körperliche Wohl unserer kleinen Patienten am Herzen, auch die seelische Gesundheit ist uns ein Anliegen. Mit den Clowns der ROTE NASEN Deutschland e.V. bieten wir unter dem Motto „Lachen ist die beste Medizin“ jeden Mittwoch im Rahmen einer Visite eine kleine Ablenkung von der medizinischen Behandlung. Zweimal wöchentlich begleitet ein Mitglied des ClownTeams die Kinder und deren Eltern in den Operationsbereich. Damit kann die Angst vor der Operation nicht nur bei den Kindern reduziert werden, auch die Eltern gehen entspannter mit der Situation um. Gelegentlich ist im Anschluss an den stationären Aufenthalt bei uns eine Rehabiliations- oder Anschlussheilbehandlung (AHB) erforderlich. Mit unseren Sozialarbeiterinnen organisieren wir eine entsprechende Einrichtung und kümmern uns um die Formalitäten. Damit werden zusätzliche bürokratische Herausforderungen von den Eltern ferngehalten. Es gibt Situationen, für deren Bewältigung die Patient*innen sowie deren Angehörige Unterstützung benötigen. Eine Unfallsituation muss verarbeitet werden, Ängste quälen die Beteiligten. Wir bieten in diesen Fällen psychologische Unterstützung, ggf. ist auch eine psychiatrische Begleitung erforderlich. Die enge Zusammenarbeit mit der Klinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie gewährleistet die entsprechende fachliche Betreuung.

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