Klinische Studien

Klinische Studien sind ein wesentlicher Motor der medizinischen Entwicklung mit dem Ziel einer verbesserten Patientenversorgung. Dies umfasst in erster Linie die erfolgreichere Behandlung der Tumorerkrankung durch Medikamente und individuelle Begleittherapien wie Bestrahlung und Operationen. Wir als Ärzt*innen möchten mit unserem breit aufgestellten Team unterstützender Berufe hier maßgeblich mitwirken und unseren Patient*innen frühzeitig Zugang zu innovativen Behandlungenansätzen und neuen Therapieoptionen in der Hämatologie und Onkologie sowie Supportiv- und Palliativmedizin ermöglichen.

Dabei steht die Patientensicherheit gemäß der ethisch und wissenschaftlich fundierten Regeln der Good Clinical Practice an erster Stelle und schließt die umfassende und bestmögliche Versorgung unserer hämatologischen und onkologischen Patient*innen ein. Dies kann dazu führen, dass die Patient*innen in klinischen Studien des vorgegebenen engmaschigeren Monitorings wegen intensiver betreut werden. 

Mit der Teilnahme an einer Studie tragen Sie aber auch dazu bei, dass andere Patient*innen zukünftig in ihrer Behandlung profitieren können. Gleichzeitig sollte Ihnen bewusst sein, dass eine Teilnahme an klinischen Studien keinen experimentellen Charakter hat, sondern in der sogenannten präklinischen Phase bereits wesentliche Aussagen zu Wirkung, Dosis und Verträglichkeit getroffen werden konnten. Die Abwägung von Risiko und Nutzen bei einer potentiellen Studienteilnahme ist somit im Vorfeld bereits gründlich erfolgt und die Einleitung einer klinischen Studien-Anwendung als vertretbar befunden worden.     

Wir beteiligen uns an nationalen und internationalen multizentrischen klinischen Studien der Phase II bis IV sowie Registerstudien und Therapieoptimierungsstudien bei verschiedenen Tumorentitäten u.a. bei soliden Krebserkrankungen (z.B. ADRISK-Studie bei Kopf-Hals-Tumoren und Beobachtungsstudie NIS FINN beim nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC)) sowie bei hämatologischen Tumorerkrankungen (z.B. GMALL 08/2013).

Gerne beraten wir Sie in einem persönlichen Gespräch, ob die Voraussetzungen zur Teilnahme an einer klinischen Studie gegeben sind und diese aus medizinischer Sicht zu empfehlen ist.

Aktuelle Studien – Onkologie

Folgende Studien werden momentan an der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin durchgeführt bzw. sind im Initiierungsprozess (Stand November 2023)

Postoperative adjuvante Radiochemotherapie (aRCH) mit Cisplatin versus aRCH mit Cisplatin und Pembrolizumab bei lokal fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Hals-Bereich. Eine multizentrische, randomisierte Phase II-Studie innerhalb der deutschen interdisziplinären Arbeitsgruppe der Deutschen Krebsgesellschaft (IAG KHT) / Pembro adjuvant, high-risk

Die CIRCULATE Studie untersucht die adjuvante Chemotherapie bei Patient*innen mit Dickdarmkrebs im Stadium II. Dazu werden Patient*innen nach der Operation auf zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) getestet.

Erstlinientherapie mit Nivolumab und Ipilimumab in Kombination mit zwei Zyklen Chemotherapie bei Patient*innen mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom

Prospektive, multizentrische, randomisierte Open-lable-Phase-3-Studie zur Effektivität von additiver Chemotherapie nach Resektion/Ablation von Metastasen eines kolorektalen Karzinoms.

Eine nichtinterventionelle Studie zu Nivolumab plus Chemotherapie als Erstlinientherapie bei Patient*innen mit Her2 negativem, fortgeschrittenem oder metastasiertem Karzinom des Magens, des gastro-ösophagalen Übergang oder einem Ösophagus-Adenokarzinom, deren Tumor PDL1 exprimiert mit einem CPS Score ≥ 5 – palliativ.

Eine Phase-III-Studie zur risikostratifizierten adjuvanten Behandlung mit reduzierter Intensität bei Patient*innen, die sich einer transoralen Operation bei humanem Papillomavirus (HPV)-positivem Oropharynxkarzinom unterziehen.

Eine randomisiert-kontrollierte Studie zum Vergleich der pulmonalen Metastasektomie mit der Standardtherapie bei Patient*innen mit ≥ 3 pulmonalen Metastasen eines kolorektalen Karzinoms.

Plattform der klinischen Forschung für molekulare Tests, Behandlung und Outcome bei Patienten mit NSCLC.

Register zur Beschreibung der Behandlungsrealität von Patient*innen mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (Stadium I-IV) oder kleinzelligem Lungenkarzinom (Stuadium I-IV) in Deutschland mit Fokus auf Biomarkertestung. Analyse der Wirksamkeit der Therapien im Behandlungsalltag. Patientenbefragung zur allgemeinen Lebensqualität und Kommunikation mit Angehörigen.

Aktuelle Studien – Hämatologie

Therapieoptimierung bei erwachsenen Patient*innen mit neu diagnostizierter akuter lymphatischer Leukämie (ALL) oder lymphoblastischem Lymphom (LBL) durch individualisierte, gezielte und intensivierte Therapie – eine Phase IV-Studie mit einem Phase III-Teil zur Evaluation der Sicherheit und Wirksamkeit von Nelarabin bei T-ALL.

Beobachtungsstudie zu Isatuximab als Zweitlinientherapie bei Multiplem Myelom

T-Zell Lymphom-Register und Biomaterialbank

Zentrale Registrierung von Patientendaten und Biomaterialbank bei Aplastischen Anämien und Bone Marrow Failure Syndromen.

Das GMALL-Register mit begleitender Biomaterialbank ermöglicht die epidemiologische Datenerhebung bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL) und verwandten Erkrankungen des Erwachsenen.

Prospektive Beobachtungsstudie zur Behandlungspraxis des ZNS-Befalls maligner Lymphome in der klinischen Routine (SZNSL-Register)

Individualisierte Immuntherapie für Patient*innen mit klassischem Hodgkin Lymphom im intermediären Stadium: Eine multizentrische Phase-II-Studie der GHSG.

Registerstudie zu Patientencharakteristika, biologischem Erkrankungsprofil und klinischem Verlauf bei der Aktuen Myeloischen Leukämie und dem Hoch-Risiko Myelodysplastischen Syndrom: Das AMLSG Biology and Outcome (BiO)-Projekt

Eine multizentrische, randomisierte, offene Phase-III-Studie zum Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit von Glofitamab (RO7082859) in Kombination mit Polatuzumab Vedotin plus Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison (Pola-R-CHP) im Vergleich zu Pola R CHP bei zuvor unbehandelten Patient*innen mit großzelligem B-Lymphom.

Phasen von Studien

Im Zusammenhang mit klinischen Studien werden mitunter spezifische Begriffe verwendet, die wir nachfolgend erläutern. Die klinische Prüfung neuer Arzneimittel oder Therapieoptionen ist in vier Phasen eingeteilt:

Phase I-Studien untersuchen in einer kleinen Gruppe gesunder Proband*innen (Studienteilnehmer*innen) die Verträglichkeit des Arzneimittels und die Menge (Dosierung), in der der neue Wirkstoff am besten verabreicht werden kann (Dosierung). Diese Phase ist mit einem gewissen Risiko von Nebenwirkungen verbunden, gleichzeitig ist der Einsatz des Wirkstoffes aussichtsreich, da keine alternative geeignete Möglichkeit der Behandlung besteht. Grundsätzlich gilt jedoch, dass das Risiko grundsätzlich vertretbar sein muss.  

In einer Phase II-Studie wird ein Arzneimittel an einer größeren Anzahl von Proband*innen geprüft. Die in die Studie eingeschlossenen Patient*innen zeigen die Symptome oder die Erkrankung, die durch das neue Medikament/ die neue Therapieoption behandelt werden sollen. Anhand der Studienergebnisse wird die optimale Dosierung (Dosisfindung) festgelegt und die Verträglichkeit (das Auftreten von Nebenwirkungen) dokumentiert. Außerdem werden erste Daten zur Wirksamkeit – also dem gewünschten therapeutischen Effekt – erhoben.

Phase III-Studien sind eine Erweiterung der Phase II-Studien in größerer Anzahl von freiwilligen Patient*innen. Dabei geben klar definierte Ein- und Ausschlusskriterien vor, ob eine Studienteilnahme möglich ist. Der neu entwickelte Wirkstoff bzw. die neue Therapieoption wird mit einem bereits zugelassenen Medikament oder einem Scheinmedikament (= Placebo) verglichen. Ziel der Phase III-Studie ist die Prüfung der Wirksamkeit und die Erfassung von Daten zur Verträglichkeit und Sicherheit im Vergleich zur bisherigen Therapie. Die Ergebnisse sind ausschlaggebend für die Marktzulassung des Therapiekonzeptes durch die Arzneimittelbehörde.

Nach der Zulassung werden in Phase IV-Studien weitere Erfahrungen mit dem Medikament insbesondere in Bezug auf die Verträglichkeit über einen längeren Zeitraum gesammelt und beurteilt.

Registerstudien zeigen, ob sich die Erhebungen aus vorangegangenen klinischen Prüfungen längerfristig auf die Routinebehandlung im Alltag übertragen lassen. Daten zur Wirksamkeit, Lebensqualität, Therapiekosten und Arzneimittelsicherheit werden hierfür in einer Registerdatenbank gesammelt und statistisch ausgewertet.

In einer Beobachtungsstudie werden die Proband*innen nach einem genauen Plan beobachtet, jedoch wird nicht in den individuellen Behandlungsverlauf eingegriffen. Dies wird als nicht-interventionelle Studie bezeichnet.

Patient*in (Blindstudie) bzw. weder Patient*in noch das Behandlungsteam (doppelblinde Studie) wissen, welche Therapie (neue Therapie oder Standardtherapie bzw. Placebo) verabreicht wird.

Eine Randomisierung von Studienteilnehmer*innen soll verhindern, dass Studienergebnisse von äußeren Umständen beeinflusst werden. Dabei werden Patient*innen in die Studien-Arme zufällig zugeordnet und der Grad der Verblindung festgelegt.  

Randomisierung: per Los wird entschieden, in welchen Behandlungsarm (neue Therapie oder Standardtherapie bzw. Placebo) die Patient*in eingeschlossen wird.

Weiterführende Informationen finden Sie im blauen Ratgeber Klinische Studien der Stiftung Deutsche Krebshilfe

Die Studienzentale der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin ist unter der Dachstruktur Klinische Forschung des Klinikums Ernst von Bergmann eingebunden.