Funktionsstörungen des Gehirns

Für ein Leben ohne Anfälle

Epileptische Anfälle und Epilepsien sind unterschiedliche Phänomene. Erstere können auch bei gesunden Menschen nach bestimmten Auslösern auftreten, zum Beispiel Schlafentzug, Alkohol oder hohem Fieber. Von einer Epilepsie als Erkrankung spricht man, wenn diese Anfälle wiederholt (mehr als einmal) auftreten bzw. die Wahrscheinlichkeit wiederholten Auftretens erhöht ist. Beide stellen (vorübergehende) Funktionsstörungen des Gehirns dar, von denen es verschiedene Formen gibt.

Epilepsien sind chronische Erkrankungen, die in jedem Alter auftreten können und bei denen das Gehirn spontan epileptische Anfälle auslöst. Dabei entladen sich Nervenzellen im Gehirn unkontrolliert und synchron, wodurch für kurze Zeit – etwa zehn Sekunden bis wenige Minuten – die Kontrolle über das Bewusstsein und/oder bestimmte Körperfunktionen beeinträchtigt sein kann. In Abhängigkeit von der Art des Anfalls und der Lokalisation der Nervenzellentladungen äußern sich die Symptome zum Beispiel in Verkrampfungen oder rhythmischem Zucken der Gesichts- oder Extremitätenmuskulatur, Bewusstseinseinschränkungen oder Bewusstseinsverlusten. In bestimmten Fällen kann eine Epilepsie auch von einer Aura (z.B. eine sensorische Wahrnehmung oder Gefühl des Unbehagens) begleitet werden.

Von einem fokalen Anfall spricht man, wenn die Entladungen nur an einem bestimmten Punkt im Gehirn stattfinden (dem Herd oder Fokus), was entsprechend nur lokale Funktionsausfälle verursacht,  zum Beispiel Zucken des Arms (motorischer Anfall) oder eine Veränderung des Sehens (visueller Anfall). Diese treten häufig erst im höheren Lebensalter auf und gehen oft auf eine erworbene Hirnläsion, zum Beispiel eine Narbe nach Schlaganfall, zurück (symptomatische Epilepsie). Beim generalisierten Anfall wird das gesamte Gehirn von den Entladungen erfasst. Dies führt häufiger zu Bewusstlosigkeit und Verkrampfungen bzw. Zuckungen des gesamten Körpers. Generalisierte Epilepsien sind häufig angeboren und manifestieren sich in der Regel im Kinder- oder Jugendalter (eher erbliche Epilepsie-Formen). Ein fokaler Anfall kann jedoch auch in einen generalisierten übergehen. Neben den Epilepsien und epileptischen Anfällen behandeln wir auch die nicht-epileptischen psychogenen Anfälle, die transiente globale Amnesie sowie die Narkolepsie.

Nach längerer Krankheit können wiederholte Anfälle zu einer Änderung der Mikrostruktur der betroffenen Hirnregion führen. Daher ist eine gründliche medizinische Abklärung, rasche Initiierung einer Therapie sowie ausführliche Beratung der Betroffenen wichtig und wird durch unsere Klinik entsprechend angeboten.

Diagnostik

Nach einer ausführlichen Befragung und körperlichen Untersuchung der Betroffenen erfolgen ggf. Zusatzuntersuchungen wie spezifische Fragebögen, Blutanalysen, Elektroenzephalographie (EEG) und Magnetresonanz-Tomographie (MRT). Auch eine Nervenwasserpunktion (Liquorpunktion) kann sinnvoll sein.

Unsere Klinik für Neurologie und Klinische Neuropsychologie steht zudem im interprofessionellen Austausch mit den Kolleg*innen der neurologischen Notfallmedizin, Neuropsychologie, der Neuroradiologie und Neurochirurgie. Es besteht zudem eine enge Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen der Neuro- und Sozialpädiatrie, unter anderem zur Weiterbehandlung von erwachsenen Patient*innen mit Epilepsien seit der Kindheit/Jugend.

Therapien und Beratung

Epilepsien sind häufig nicht heilbar, aber oft gut behandelbar. Dies gelingt vor allem medikamentös mit sogenannten Antiepileptika, die individuell angepasst werden müssen. Etwa zwei Drittel der Patient*innen werden damit anfallsfrei. Sollten diese nicht ausreichen, sind bei manchen Patient*innen spezielle Formen der Ernährung (ketogene Diät) oder epilepsiechirurgische Verfahren möglich. Dazu zählen die operative Entfernung des Anfallsursprungs, die Vagus-Nerv-Stimulation oder die Tiefe Hirnstimulation. Wir beraten unsere Patient*innen umfassend zu den individuell passenden Behandlungsmöglichkeiten, den möglichen Nebenwirkungen der Therapie sowie dem Umgang mit der Erkrankung hinsichtlich anderer Lebensbereiche wie Fahrtüchtigkeit, Beruf oder Familienplanung.

Fort- und Weiterbildung

Um unsere hohe Diagnostik- und Behandlungsqualität zu sichern, finden im Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam regelmäßige Fortbildungen und Informationsveranstaltungen rund um das Thema Epilepsie statt sowie ein internes, wöchentliches, interprofessionelles EEG-Symposium inklusive fachübergreifender Falldiskussionen.

Es besteht zudem die Möglichkeit der spezifischen Weiterbildung inkl. Erlangung der Zertifikate EEG (DGKN) und Epileptologie (DGfE).