Potsdam, 6. Mai 2022

Symbolbild Psychosomatische Medizin

Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com

Am 1. Mai 2022 erweitert die Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Ernst von Bergmann ihre stationäre Behandlung um ein neues Therapieangebot für Menschen mit schweren Traumafolgestörungen. Die Behandlung erfolgt auf der Station L4 am Campus Charlottenstraße.

Dieses Angebot richtet sich an Patientinnen und Patienten mit einer sogenannten komplexen posttraumatischen Belastungsstörung. Betroffene waren in der Regel bereits im Kindesalter wiederholt schwerwiegenden traumatischen Erfahrungen wie sexueller und körperlicher Gewalt ausgesetzt. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa jedes 10. Kind Opfer von Gewalt und Vernachlässigung wird.

Posttraumatische Belastungsstörung

Viele Betroffene entwickeln in der Folge Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dazu gehören das Wiedererleben der traumatischen Erfahrungen in Form von Bildern, Flashbacks oder Albträumen, das Vermeiden von Situationen, die an das traumatische Erlebnis erinnern könnten, sowie anhaltende innere Anspannung, Schreckhaftigkeit oder Schlafstörungen. Häufig waren für die Opfer die Möglichkeiten eingeschränkt, in der Umgebung Schutz, Trost und Verständnis zu finden – zum Beispiel, weil ihnen nicht geglaubt wurde oder die Täter aus dem Familienumfeld stammten. Die Entwicklung eines positiven Selbstbildes ist dadurch zusätzlich erschwert.

„Viele Betroffene leiden unter quälenden Schuld- und Schamgefühlen oder empfinden sich selbst als ekelhaft oder abstoßend.“

Portraitfoto Priv.-Doz. Frank Zimmermann-Viehoff

„Es fällt ihnen zudem oft schwer, ihre oft heftigen und wechselhaften Gefühle gut zu regulieren und längerfristige stabile Beziehungen einzugehen“.

Priv.-Doz. Dr. med. Frank Zimmermann-Viehoff, Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Wenige Kliniken bieten hochspezialisiertes Behandlungskonzept an

Das Krankheitsbild galt lange Zeit als schwierig zu behandeln. Inzwischen stehen jedoch spezifische traumatherapeutische Behandlungskonzepte zur Verfügung, die sich als wirksam und sicher erwiesen haben. Die Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie orientiert sich dabei am Verfahren der dialektisch-behavioralen Therapie für die posttraumatische Belastungsstörung (DBT-PTBS). ). Im Zentrum der in der Regel zwölfwöchigen stationären Behandlung steht die Konfrontation mit den traumatischen Erlebnissen im geschützten therapeutischen Rahmen. Durch diese sogenannte Expositionsbehandlungen können die traumatischen Erinnerungen dahingehend bearbeitet werden, dass sie deutlich weniger belastend wirken und der Weg hierdurch frei wird für ein aktiveres, selbstbestimmtes Leben. Weitere Ziele der intensiven Therapie sind unter anderem eine Verbesserung der Regulation auch schmerzlicher und überflutender Gefühle, der Abbau von Vermeidungsverhalten und das Infragestellen negativer Selbstüberzeugungen. Flankiert werden die gesprächspsychotherapeutischen Einzel- und Gruppenangebote durch Verfahren aus den Bereichen der Achtsamkeit, der Körper- und Kreativtherapie. „Wir freuen uns, als eine von wenigen Kliniken bundesweit dieses hochspezialisierte Behandlungskonzept anbieten zu können“, sagt Zimmermann-Viehoff. Eine Einweisung in die stationäre Therapie ist durch niedergelassene Ärzt*innen und Therapeut*innen möglich. Vor Beginn erfolgt im Rahmen von ein bis zwei Vorgesprächen eine Diagnostik, Klärung der Indikation und Informationsvermittlung zu dem Therapieprogramm.

Das Leben im Hier und Jetzt im Griff haben

Spezifische traumatherapeutische Angebote, ambulant wie klinisch, stehen nur in begrenzten Rahmen zur Verfügung. Die Betroffenen müssen daher oft lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Zimmermann-Viehoff ist zuversichtlich, dass das Potsdamer Angebot helfen wird, die leitliniengerechte Versorgung dieser Patient*innengruppe zu verbessern: „Ohne Frage ist diese Therapieform gerade für die Patientinnen und Patienten anstrengend, teilweise mühsam und immer wieder herausfordernd. Dafür bietet sie eine realistische Chance, dass die schrecklichen Erfahrungen von damals nicht mehr das Leben im Hier und Jetzt im Griff haben“.

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