
Prof. Dr. med. Gerrit Matthes, Anna Musial, Dr. med. Bernhard Fleischer, Dr. med. Anna-Sophia Sonnek
Junge Fahrende sind eine Hochrisikogruppe im Straßenverkehr. Sie sind überproportional häufig an Unfällen beteiligt. Laut dem Statistischen Bundesamt verunglücken junge Autofahrer*innen im Straßenverkehr doppelt so oft wie ältere Verkehrsteilnehmer*innen. Gründe dafür sind meist fehlende Erfahrung und überhöhte Geschwindigkeit. Jedes Jahr werden über 300 junge Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren im Straßenverkehr bei Unfällen getötet. Grund genug für die Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam bereits zum vierten Mal einen P.A.R.T.Y.-Tag für Jugendliche zu veranstalten.
Das Akronym P.A.R.T.Y. steht für „Prevent Alcohol and Risk-Related Trauma in Youth“ und ist ein bundesweites Unfallpräventionsprogramm. Ziel der Aktion ist es Verkehrsunfälle zu vermeiden, indem Jugendliche über riskantes Verhalten im Straßenverkehr aufgeklärt werden. Dazu besuchten am Montag insgesamt 24 Schüler*innen einer 10. Klasse der Katholischen Marienschule Potsdam das Klinikum und erlebten hautnah, welche „Stationen“ schwerverletzte Patient*innen innerhalb der Klinik durchlaufen.

„Noch immer verunglücken jährlich viel zu viele Jugendliche durch Verkehrsunfälle. Es ist uns deshalb ein großes Anliegen, die Schüler über die Risiken im Straßenverkehr aufzuklären. Das Unfallpräventionsprogramm kann uns dabei helfen, die Jugendlichen zu sensibilisieren und somit hoffentlich die Anzahl schwerverletzter Jugendlicher zu senken."
Prof. Dr. med. Gerrit Matthes, Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
Als zertifiziertes überregionales Traumazentrum ist seine Klinik auf die Versorgung schwerverletzter Patient*innen spezialisiert. Täglich kümmert sich das Team um Unfallverletzte. Das Aufgabengebiet umfasst die Erstversorgung der Patient*innen im Notarztwagen oder im Rettungshubschrauber und anschließend in der Zentralen Notaufnahme. Darauf folgen chirurgische Eingriffe, an die eine stationäre Behandlung anschließt. Die Weiterbehandlung erfolgt dann im Bereich der Physiotherapie und Rehabilitation.
Ablauf und Eindrücke P.A.R.T.Y.-Tag
Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Matthes und den Leitenden Oberarzt der Zentralen Notaufnahme, Dr. med. Bernhard Fleischer, durchlief die Klasse in drei Gruppen mehrere Stationen und erfuhr dadurch, wie ein Unfallverletzter im Krankenhaus versorgt wird. Abgerundet hat den Tag die Schilderung eines ehemaligen Traumapatienten, der von seinem Verkehrsunfall sowie seinen Erfahrungen nach mehreren Operationen erzählte.
„Wir wollten unbedingt mit unsere Klasse an dem Projekttag teilnehmen, schließlich ist ein Besuch im Klinikum nicht mit Frontalunterricht zu vergleichen. Hautnah mitzuerleben, was es bedeutet in einen Verkehrsunfall verwickelt zu sein, bleibt hoffentlich langfristig bei den Schüler*innen in Erinnerung“, sagt Jessica Schumann, Lehrkraft an der Katholischen Marienschule Potsdam. „Ich war davor noch nie in einem Krankenhaus, dementsprechend war es super interessant für mich zusehen, wie die Abläufe im Klinikum sind.“, sagt Marta, Teilnehmerin des P.A.RT.Y.-Tags. Für Anton war der Einstieg des Projekttags interessant und erschreckend zugleich: „Das Video von einem Unfall und der Vortrag der Polizei haben mich doch sehr abgeschreckt – es hat mich definitiv animiert, künftig mit offenen Augen durch den Straßenverkehr zu gehen.“ „Auch dass wir auf der Intensivstation waren und mit einer Patientin gesprochen haben, war für mich etwas komplett Neues. Wir haben Dinge gesehen, die wir so nie gesehen hätten“, fügt Marta hinzu.
Ursprung und Grundgedanke von P.A.R.T.Y.
Im Jahr 1986 entwickelte eine kanadische Krankenschwester der Notfallambulanz in Toronto die Grundidee des hier vorgestellten Programms. Sie wollte Schülerinnen und Schüler an den Ort holen, wo sich Menschen täglich um schwerverletzte Unfallopfer kümmern. Die jungen Verkehrsteilnehmenden sollten sehen und miterleben, was es heißt, die körperlichen und seelischen Folgen eines schweren Unfalls zu verarbeiten. Ziel dieses Aktionstages ist es, junge Menschen dabei zu unterstützen, gefährliche Risikosituationen zu erkennen und sachkundige Entscheidungen zu treffen. Dabei soll das Risikobewusstsein der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gestärkt werden und sie sollen mehr Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen und ihr eigenes Handeln übernehmen – um ihre eigene Gesundheit und die anderer zu schützen. Im Jahr 2011 wurde P.A.R.T.Y. erstmals in Deutschland durchgeführt. Seit 2012 läuft das Programm unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und die Organisation der bundesweiten Umsetzung obliegt der Akademie der Unfallchirurgie (AUC).