Zuweisermagazin - Morbus Parkinson
Der Begriff Parkinson ist vielen nicht unbekannt. Es ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen und wird den sogenannten Bewegungsstörungen zugeordnet. Eines der bekanntesten Symptome ist ein unwillkürliches Zittern; auch Tremor genannt. Zudem kann es zu einer Bewegungsverlangsamung (Hypokinese) und einer Tonussteigerung der Muskulatur (Rigor) kommen. Darüber hinaus beklagen Betroffene häufig auch sogenannte nicht-motorische Beschwerden, wie einen Verlust des Geruchssinns, eine niedergeschlagene Gemütslage, Schlafstörungen oder Schmerzen.

Symbolbild für die Erkrankung Morbus Parkinson: ein Glas in einer zitternden Hand.
AdobeStock ©Alessandro Grandini
Nuklearmedizinische Diagnostik beim Parkinson-Syndrom
In frühen Krankheitsstadien kann eine eindeutige klinische Diagnosestellung schwierig sein. Nuklearmedizinische Verfahren wie die Single-Photonen-Emissionstomografie (SPECT) und die Positronen Emissionstomografie (PET) besitzen einen hohen Stellenwert in der Patient*innenversorgung und beruhen auf der Charakterisierung von Strukturen und Funktionen des dopaminergen Systems, das bei praktisch allen neurodegenerativen Parkinson-Syndromen involviert ist.
Mit spezifischen Radioliganden können nichtinvasiv z.B. die Integrität und Dichte präsynaptischer Nervenendigungen bzw. postsynaptischer Rezeptorsysteme beurteilt werden. Während der Nachweis der Decarboxylaseaktivität und Speicherrate von Dopamin mit 18F-DOPA sowie der Dichte von postsynaptischen Dopamin-D2-Rezeptoren mit entsprechenden PET-Liganden heute vorwiegend auf wissenschaftliche Fragestellungen beschränkt ist, sind SPECT-Untersuchungen mit 123I-FP-CIT weit verbreitet. Der Radiotracer bindet mit hoher Affinität und ausreichender Selektivität an den Dopamintransporter (DAT) an der Membran der präsynaptischen nigrostriatalen Nervenendigungen, der funktionell verantwortlich ist für die Wiederaufnahme von Dopamin aus dem synaptischen Spalt. Beim Idiopathischen Parkinsonsyndrom (IPS) zeigt sich eine deutlich herabgesetzte Bindung im Striatum, wobei der Bindungsverlust graduell im hinteren Putamen beginnt.
Häufig findet sich zudem eine Seitenasymmetrie, mit einem höhergradigen Bindungsverlust in dem Striatum kontralateral zur klinisch stärker betroffenen Körperhälfte, die bereits im Frühstadium der Parkinsonerkrankung erkennbar ist. Bei Vorliegen eines pathologischen Befundes im DATScan ist im Einzelfall allerdings keine sichere Unterscheidung zwischen einem IPS und den sogenannten atypischen Parkinsonsyndromen (APS; Multisystematrophie (MSA), Progressive Supranukleäre Blickparese (PSP) und Corticobasale Degeneration (CBD)) möglich, da diese auch mit neuronalen Abbauprozessen im Bereich des Striatums einhergehen. Ist die präsynaptische dopaminerge Funktion normal, ist hingegen mit hoher diagnostischer Sicherheit ein neurodegeneratives Parkinsonsyndrom ausgeschlossen. Dann könnten z.B. ein vaskuläres, medikamenteninduziertes oder psychogenes Parkinson Syndrom (sekundäres PS) oder ein essentieller Tremor vorliegen.
Sofern klinische Tests keine eindeutige Zuordnung der Parkinson-Syndrome erlauben, kann mit [18F]FDG-PET eine Differenzierung erfolgen, für die ein zweistufiges Vorgehen empfohlen wird: Zuerst erfolgt die Trennung zwischen IPS und APS und anschließend dann ggf. die Differenzierung der APS untereinander. Beim IPS findet sich neben Normalbefunden oft ein relativer Hypermetabolismus im Striatum oder Putamen. Zusätzliche kortikale Befunde treten vor allem bei Patient*innen mit manifester Demenz (dann Parkinson’s disease dementia, PDD) oder auch mit leichter kognitiver Einschränkung (PD-MCI) auf. Patient*innen mit MSA weisen typischerweise einen reduzierten Glukosemetabolismus im Striatum (betont im kaudalen Putamen), Pons und Zerebellum auf. Der bei PSP-Patient*innen zu beobachtende Hypometabolismus betrifft v. a. den mesialen und dorsalen frontalen Kortex, den Nucleus caudatus, den Thalamus sowie Mittelhirn und Pons. Des Weiteren zeigt sich bei der CBD ein in der Regel ausgeprägt asymmetrischer Hypometabolismus des frontoparietalen Kortex, Striatums und Thalamus kontralateral zur klinisch vorwiegend betroffenen Körperseite.
Für Patient*innen mit IPS liegt die Prävalenz einer Demenz (PDD) bei etwa 30 %, damit im Vergleich zur gleichaltrigen Normalbevölkerung 4–6-fach erhöht. Im Mittel tritt die Demenz bei IPS-Patient*innen etwa 10 Jahre nach den ersten Bewegungsstörungen auf. Die Inzidenz der Demenz nimmt mit dem Alter deutlich zu und kann letztendlich 80–90 % der Patient*innen betreffen. Bei Patient*innen ≥ 70 Jahre kann die Demenz bereits sehr früh im Krankheitsverlauf eintreten. IPS-Patient*innen, die eine Demenz entwickeln, durchlaufen in aller Regel zunächst eine Phase mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (mild cognitive impairment, PD-MCI), ähnlich zur Alzheimer Erkrankung (AD). Die Differenzierung verschiedener Demenzformen ist mittels FDG-PET möglich. Patient*innen mit IPS zeigen hier neben dem erwähnten und nur gelegentlich auftretenden Hypermetabolismus im Striatum bei kognitiven Einschränkungen auch einen Hypometabolismus temporoparietookzipital und frontal, der oft mit dem Grad des kognitiven Defizites korreliert.
Bis zu 20 % aller Fälle von Demenz werden der Lewy- Körper-Erkrankung (DLB) zugerechnet, die in einigen Klassifikationen zu den APS gezählt wird, obwohl bei der DLB häufig die kognitive Störung gegenüber dem Parkinson- Syndrom im Vordergrund steht oder zumindest früher auftritt. Das FDG-PET-Befundmuster der Lewy-Körperchen- Demenz ähnelt dem der Alzheimer-Krankheit, d.h. relativ seitensymmetrische Reduktion der FDG-Aufnahme temporoparietal, oft auch frontal. Bei der Lewy-Körperchen-Demenz sind allerdings im Gegensatz zur AD auch parietookzipitale Areale wie der primäre visuelle Kortex und okzipitale Assozationsareale betroffen. Das posteriore Cingulum zeigt bei der Lewy-Körperchen-Demenz oft eine normale FDG-Aufnahme, was eine Differenzierung zwischen AD und DLB mit hoher Spezifität ermöglicht.
Bei der (typischen) Alzheimer-Krankheit weist die FDGPET bereits in frühen symptomatischen Erkrankungsstadien eine reduzierte FDG-Aufnahme im Bereich des posterioren Cingulums nach. Im Verlauf zeigen dann Precuneus sowie temporaler und parietaler Assoziations- Kortex und i.d.R. noch später der Frontallappen eine reduzierte FDG-Aufnahme. Bei AD nicht, oder nur wenig betroffen sind Sensor- und Motor-Kortex, primär visueller Kortex, Zerebellum, Basalganglien und Hirnstamm. Die Ausprägung des FDG-PET-Befundmusters ist bei Alzheimer-Patient*innen mit dem neuropsychologischen Leistungsprofil korreliert. Bei den Frontotemporalen Lobärdegenerationen zeigt sich dagegen eine reduzierte FDG-Aufnahme primär frontal und temporal, oft mit deutlicher Seitenasymmetrie.
Die beschriebenen Muster der FDG-Verteilung bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen sind, v.a. in frühen Stadien, nicht immer eindeutig ausgeprägt. Zur Abgrenzung einer AD steht mit der Amyloid-PET ein modernes, zugelassenes Verfahren zur Verfügung, welches den Nachweis der für die AD typischen Amyloid-Plaque- Ablagerungen im Gehirn in vivo ermöglicht. Die Amyloid- Bildgebung kann das Vorliegen von Amyloid-Ablagerungen schon in frühen Erkrankungsstadien visualisieren. Ein positiver Amyloid-Scan kann auf das Vorliegen einer für die AD typischen Pathologie hinweisen, ist aber nicht beweisend für eine Demenz, sondern muss im Kontext mit der neuropsychologischen Klinik interpretiert werden. Ein negativer Amyloid-Scan macht das Vorliegen einer AD dagegen sehr unwahrscheinlich und könnte für ein IPS sprechen. Nicht sicher unterscheiden kann die Amyloid- PET zwischen AD und DLB, da sich in beiden Fällen ß-Amyloid Ablagerungen nachweisen lassen.
Tiefe Hirnstimulation als Therapie bei Morbus Parkinson
Die Therapie von Morbus Parkinson hat in den letzten Jahrzehnten bedeutende Fortschritte erlangt. Eine der äußerst vielversprechenden Behandlungsoptionen stellt dabei die Tiefe Hirnstimulation (THS) dar. In diesem Artikel werden wir uns daher eingehend mit dem Nutzen und der Anwendung der THS als Therapie bei Morbus Parkinson befassen.
Morbus Parkinson ist eine progressive neurologische Erkrankung, die durch Symptome wie Tremor (Zittern), Bradykinese (Bewegungsverlangsamung), Rigor (Muskelsteifigkeit) und Haltungsinstabilität gekennzeichnet ist. Diese Symptome können die Lebensqualität der Betroffenen schwerst beeinträchtigen und zu erheblichen funktionellen Einschränkungen führen. Die konventionelle medikamentöse Therapie, die auf die Verabreichung von Levodopa und anderen Dopaminergika basiert, bietet in den meisten Fällen eine zunächst wirksame symptomatische Linderung. Allerdings können im Verlauf der Erkrankung Nebenwirkungen der Medikamente sowie unerwünschte Begleiterscheinungen wie Dyskinesien (Überbewegungen) auftreten, was die Behandlung komplexer gestaltet. In diesem Kontext haben sich die Tiefe Hirnstimulation und die Medikamentenpumpentherapien, auf die in einem gesonderten Artikel (auf Seite11) eingegangen wird, als vielversprechende Alternativen erwiesen.
Bei der Tiefen Hirnstimulation (THS) handelt es sich um einen neurochirurgischen Eingriff, bei dem Elektroden in spezifische Bereiche des Gehirns implantiert werden. Durch die anschließende Abgabe von elektrischen Impulsen in der Zielregion werden neuronale Schaltkreise moduliert. Diese Technik wird bereits seit Mitte der 1980er Jahre erfolgreich eingesetzt und ist insofern erprobt, wurde jedoch gerade in den letzten Jahren technisch erheblich verfeinert und weiterentwickelt. Zwar kann durch die THS keine Heilung erlangt werden, allerdings profitieren die Betroffenen in der Regel von einer langanhaltenden Wirkung mit einer entsprechend signifikanten Verbesserung der Lebensqualität und einer größeren Unabhängigkeit im Alltag. Daneben kann die THS auch sogenannte nicht-motorische Symptome beeinflussen, d.h. sie kann sich beispielsweise positiv auf Depressionen, Schmerzen und Schlafstörungen auswirken. Insgesamt betrachtet kann die THS sowohl eine deutliche Verminderung der motorischen Wirkfluktuationen erlangen, als auch eine erfolgreiche Unterdrückung des Tremors erreichen, die eine gleichzeitige Reduktion der medikamentösen Therapie für den Patient*innen bedeutet.
Wie erfolgt die Auswahl der Patient*innen, für die eine THS infrage kommt? Als Ärzte und medizinische Fachkräfte sind wir stets bestrebt, die neuesten Fortschritte in der Medizin zu verstehen und anzuwenden, um unseren Patient*innen die bestmögliche Versorgung zu bieten, müssen jedoch mögliche Risiken von Fall zu Fall abwägen. Gerade die THS erfordert eine sorgfältige Evaluation der potenziellen Risiken und Vorteile, die nur in spezialisierten Zentren erfolgen kann. Nicht alle Patient*innen sind nämlich gleichermaßen geeignet, und die individuellen Bedürfnisse und Erkrankungsverläufe müssen in besonderem Maße berücksichtigt werden. Wird die Entscheidung zum operativen Eingriff in enger Absprache zwischen Neurolog*innen und funktionellen Neurochirurg*innen getroffen, erfolgt die Implantation durch eine äußerst präzise Platzierung der Elektroden im Gehirn. Dieses operative und hochtechnisierte Verfahren, sowie die möglichen operativen Risiken werden im Folgenden eingehend beschrieben:
Systeme zur Tiefen Hirnstimulation bestehen aus den Einzelkomponenten „Hirnelektroden, Verbindungskabel sowie Impulsgeber“. Am distalen Ende der jeweiligen Hirnelektroden sind vier Kontakte hintereinander angebracht. Zwei dieser Kontakte sind die sogenannten Rundkontakte. Das dadurch erzeugte Stromfeld entspricht einer Kugel. Zwei weitere Kontakte sind zusätzlich in jeweils drei Segmente unterteilt. Durch die Stimulation können Nebenwirkungen minimiert und gleichzeitig therapeutische Effekte verstärkt werden. Impulsgeber bestehen aus einem Steuerteil und einer Energiequelle. Angeboten werden Impulsgeber mit einer entweder nichtwiederaufladbaren oder einer wiederaufladbaren Batterie (Akku). Nicht-wiederaufladbare Batterien müssen nach 3-5 Jahren gewechselt werden. Wieder-aufladbare Impulsgeber haben eine Lebensdauer von etwa 20 Jahren. Der Ladevorgang erfordert wöchentlich einen Zeitaufwand von etwa zwei Stunden. Die Stimulationsparameter (Aktivierung einzelner Elektrodenkontakte, Stromstärke und Pulsweite eines Einzelimpulses, Stimulationsfrequenz) können nach der Implantation mit Hilfe eines externen Steuergerätes jederzeit modifiziert werden. Eine moderne Visualisierungssoftware in Kombination mit segmentierten Elektrodenkontakten ermöglicht die Einstellung von Stromfeldern, die deutlich von der Kugelform abweichen, so dass die Stimulation an die individuelle Anatomie angepasst werden kann.
Zur effektiven THS-Behandlung motorischer Parkinsonsymptome wird in jede Hirnhälfte mit stereotaktischneurochirurgischer Technik jeweils eine Hirnelektrode in den motorischen Anteil des subthalamischen Kerns (STN) implantiert werden. Der Begriff „Stereotaktische Neurochirurgie“ bezeichnet eine Operationsmethode, die es Neurochirurg*innen erlaubt, nach bildgesteuerter, computerassistierter Berechnung mit Hilfe eines Zielgerätes jeden Punkt innerhalb des Gehirns mit höchster mechanischer Präzision zu erreichen. Zur Vorbereitung dieser Eingriffe wird bereits einige Tage vor der Operation eine MRT Untersuchung durchgeführt, die zur Reduktion von Bewegungsartefakten auch in Allgemeinnarkose erfolgen kann. Diese hochauflösenden MRT-Bilder sind die Grundlage für die computerassistierte Berechnung des Zielpunktes sowie des Zugangsweges durch das Hirngewebe.
Am Operationstag werden zunächst die Kopfhaare entfernt und anschließend ein Metallring (stereotaktischer Grundring) transkutan am Schädelknochen befestigt. Danach wird eine craniale CT-Untersuchung intraoperativ durchgeführt, und die präoperativen MRT-Bilddatensätze werden registriert.
Die eigentliche Operation besteht dann aus bilateralen Hautschnitten im vorderen Kopfbereich und der Präparation kleiner Bohrlochtrepanationen (etwa 8 mm Durchmesser). Anschließend werden mit Hilfe der Zielapparatur die Hirnelektroden auf dem am Computer berechneten Weg in das Gehirn eingeführt. Die extrakraniellen Anteile der Hirnelektroden werden dabei subkutan hinter das rechte Ohr geführt und dort an die Verbindungskabel angeschlossen, die dann ebenfalls subkutan den Kontakt zum infraklavikulär liegenden Impulsgeber herstellen. Sämtliche Komponenten des THS-Systems werden an einem OP-Tag implantiert. Im Gegensatz zu der früher üblichen Vorgehensweise werden diese Operationen jetzt in der überwiegenden Zahl der Fälle vollständig in Allgemeinnarkose durchgeführt.
Das wesentliche chirurgische Risiko der Implantation eines THS-Systems ist die Wundinfektion. Einer aktuellen Metaanalyse zufolge beträgt das Risiko für eine Wundheilungsstörung ca. 3% und kann eine vollständige Entfernung des THS-Systems zur Folge haben. Eine erneute Implantation ist 10-12 Wochen nach der Systementfernung möglich. Eine weitere mögliche Nebenwirkung ist zudem das Auftreten von intrakraniellen, zumeist asymptomatischen Blutungen, deren Inzidenz mit bis zu 2,5% angegeben wird.
Unser Angebot der Abklärung zur Tiefe Hirnstimulation umfasst:
- Umfangreiche neurologische Untersuchung
- Medikamentenoptimierung
- Kernspintomographie des Kopfes
- Neurokognitive Testung
- Sozialmedizinische Beratung
- Psychiatrische Mitbeurteilung
- Ausführliches neurochirurgisches Informationsgespräch
Medikamenten-Pumpentherapie bei Morbus Parkinson
Die mit dem idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) einhergehende Bewegungsverlangsamung (Hypokinese) und die Muskelsteifigkeit (Rigor) können zu Beginn der Erkrankung in der Regel sehr gut durch eine dopaminerge Therapie in Tablettenform verbessert werden. Im Rahmen des Fortschreitens der Erkrankung entwickeln sich jedoch Veränderungen des Wirkungsprofils der medikamentösen Behandlung in Form von Phasen mit Über-(Hyperkinesie) und Unterbewegungen (Hypokinesie) trotz regelmäßiger Medikamenteneinnahme, den sogenannten motorischen Wirkfluktuationen (Abb. 1).
Diese weisen zu Beginn zumeist einen vorhersagbaren Charakter auf, können aber zu einem späteren Zeitpunkt auch von einer nicht-regelhaften Ausprägung sein. Bewegungsumfangs, das Gang-/Gleichgewichtstraining, der Muskelaufbau bzw. -erhalt sowie das Haltungstraining. Dazu dienen die Physiotherapie nach dem Bobath- Konzept sowie die speziell für Parkinson-Patient*innen entwickelte Lee Silverman Voice Treatment (LSVT) BIG® Therapie. Dabei liegt der Fokus der LSVT BIG® Therapie auf dem Einüben großer Bewegungsamplituden. Weitere Informationen sowie eine Liste mit bundesweit geschulten LSVT BIG® Therapeuten dazu finden Sie unter: www.lsvt.de/lsvt-big/. Unsere Physiotherapeuten legen dabei Wert auf eine möglichst individuelle, auf die Beschwerden des Patient*innen ausgerichtete Therapie.
Einhergehend mit den zunehmenden motorischen Wirkfluktuationen beklagen die Betroffenen eine deutlich negativere Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. In diesem Stadium der Parkinson-Erkrankung kann der Einsatz einer intestinalen Levodopa Pumpentherapie oder subkutanen Apomorphin- Pumpentherapie für Betroffene und deren Angehörige äußerst hilfreich sein, da hierdurch eine deutliche Optimierung der Beweglichkeit durch die Reduktion der motorischen Wirkfluktuationen erlangt und somit eine Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden kann. Bei diesen Therapieverfahren wird mittels einer tragbaren Pumpe kontinuierlich entweder L-Dopa in Kombination mit Enzymhemmern als Gel über ein Sondensystem direkt in den Dünndarm oder Apomorphin subkutan verabreicht, sodass sich ein konstanter medikamentöser Wirkspiegel und somit eine gleichmäßigere Beweglichkeit einstellt.
Während bei der subkutanen Apomorphin-Pumpentherapie die Anzahl der oralen dopaminergen Tabletteneinnahme in der Regel reduziert werden kann, ist der Vorteil der L Dopa-Pumpenbehandlung, dass die regelmäßige Einnahme von L-Dopa in Tablettenform nahezu komplett entfällt.
Mittlerweile stehen mit der L-Dopa-Carbidopa-Intestinalgel- Therapie (Duodopa®), der L-Dopa-Carbidopa-Entacapon-Intestinalgel-Therapie (Lecigon®) und Apomorphin-Therapie (Dacepton®) verschiedene Medikamenten-Pumpen-Systeme zur Verfügung.
Zur Einleitung der intestinalen L-Dopa-Therapien ist die Anlage eines Sondensystems in den Dünndarm (sog. Jet-PEG) erforderlich. Dieser Eingriff erfolgt unter einer Kurznarkose durch unsere erfahrenen Gastroenterologen. In der Regel wird dieser Eingriff von den Betroffenen gut toleriert und ist nur äußerst selten mit Komplikationen verbunden (z. B. Blutungen, Infektionen, allergische Reaktion auf das Narkotikum). Die Einleitung der Apomorphin-Pumpentherapie bedarf lediglich eines subkutanen Einstichs und ist somit weniger invasiv.
Im Langzeitverlauf können bei allen Pumpentherapien technische Komplikationen, wie beispielsweise eine Verlegung/Verstopfung der Sonde oder ein Defekt der Pumpe, auftreten, die dann einer entsprechenden Maßnahme bedürfen. Vereinzelt treten zudem oberflächliche Entzündungen der Einstichstelle auf. Nach Anlage des Pumpensystems erfolgen eine ausführliche Schulung der Betroffenen und deren Angehöriger. Besonderer Wert wird dabei auf die grundlegende technische Handhabung der Pumpe sowie die hygienische Versorgung der Einstichstille gelegt. Sollte ein Pflegedienst vorhanden sein, wird dieser ebenfalls entsprechend geschult.
Die Nachsorge beider Medikamenten-Pumpen erfordert eine regelmäßige Kontrolle und neurologische Anbindung. Zudem bieten die Hersteller der Pumpensysteme eine 24-stündige Hotline für Notfälle an. Ob Ihre Patient*innen für eine Pumpentherapie geeignet sind, kann im Rahmen eines stationären Aufenthalts in unserer Klinik abgeklärt werden. In diesem Rahmen besteht auch die Möglichkeit einer mehrtägigen Pumpentestung mittels einer subkutanen (Apomorphin) oder naso-gastralen (L-Dopa-Pumpe) Applikation.
Zusammenfassend sind Pumpentherapien gut verträgliche, sehr wirksame Behandlungsoptionen bei Parkinson-Patient*innen, die unter motorischen Wirkfluktuationen leiden. Es stehen mit der L-Dopa-Carbidopa-Entacapon-Intestinalgel-Therapie (Lecigon®), L-Dopa-Carbidopa-Intestinalgel-Therapie (Duodopa®) und Apomorphin-Therapie (Dacepton®) verschiedene Medikamenten- Pumpen-Systeme zur Verfügung. Die Prüfung der jeweiilgen Eignung eines der Systeme, die Indikationsstellung sowie die Therapieeinleitung und -überwachung bieten wir unserem hochspezialisierten, neurologischen Zentrum in enger Kooperation mit der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Rheumatologie an.
Parkinson-Komplexbehandlung
In unserem Klinikum bieten wir für Patient*innen mit idiopathischem Parkinsonsyndrom die multimodale Parkinson- Komplexbehandlung an. Diese 14- bis 21-tägige stationäre Behandlung verbindet die medikamentöse Therapie sowie die Therapieoptimierung bei intensivierten Therapien (z.B. Tiefe Hirnstimulation, Pumpentherapien) mit Elementen aus Physiotherapie und Physikalischer Therapie, Ergotherapie, Logopädie und Neuropsychologie. Desweiteren stehen den Patient*innen und Angehörigen versierte Ernährungs- und Sozialberater zur Verfügung. Die wöchentliche Therapiezeit während des Klinikaufenthalts beträgt in der Regel mindestens 7,5 Stunden. Der Therapieplan der Patient*innen wird individuell zusammengestellt und richtet sich nach den spezifischen Bedürfnissen und nach dem Schweregrad bzw. dem Stadium der Erkrankung.
Das besonders geschulte Pflegepersonal (speziell ausgebildete Parkinson-Nurses) unterstützt durch eine aktivierend-therapeutische Pflege, erstellt gemeinsam mit den Patient*innen Bewegungsprotokolle, hat Spezialkenntnisse zur Anwendung und Optimierung der intensivierten Therapien und steht den Parkinson-Patient*innen jederzeit beratend zur Seite. So wird eine zeitgerechte medikamentöse Versorgung sowie auch die Weitergabe von wichtigen Informationen an Angehörige und/oder den häuslichen Pflegedienst gewährleistet.
Die Einweisung in die neurologische Klinik zur Durchführung der Parkinson-Komplexbehandlung erfolgt durch den/die Hausärzt*in oder den/die behandelnde/n Neurolog* in. Spezielle Anträge bei der gesetzlichen Krankenkasse sind nicht erforderlich. Bei privat versicherten Patient*innen ist ggf. eine ostenzusage vorab notwendig. Patient*innen können 1x/Jahr an der Parkinson-Komplexbehandlung teilnehmen.
Gründe, die eine Parkinson-Komplexbehandlung rechtfertigen, können sein:
- wenn die (teils komplexe) Medikation neu eingestellt werden muss und dies ambulant nicht erfolgreich war bzw. nicht möglich ist
- bei erhöhter Sturzneigung
- bei deutlicher Verschlechterung der Erkrankung bzw. Zunahme der Symptome
- wenn die Tiefe-Hirnstimulation oder Pumpentherapien neu adjustiert werden müssen
- wenn intensive Logopädie/Ergotherapie/Physiotherapie oder neuropsychologische Therapie medizinisch notwendig ist, die so im ambulanten Setting nicht erfolgen kann
Übersicht über aktivierende Therapien
Übersicht über aktivierende Therapien während der Parkinson-Komplexbehandlung in unserer Klinik:
Häufige Zielsymptome hier sind bei Parkinson-Patient*innen vor allem die Verbesserung der allgemeinen Beweglichkeit und des Bewegungsumfangs, das Gang-/Gleichgewichtstraining, der Muskelaufbau bzw. -erhalt sowie das Haltungstraining. Dazu dienen die Physiotherapie nach dem Bobath-Konzept sowie die speziell für Parkinson- Patient*innen entwickelte Lee Silverman Voice Treatment (LSVT) BIG® Therapie. Dabei liegt der Fokus der LSVT BIG® Therapie auf dem Einüben großer Bewegungsamplituden. Weitere Informationen sowie eine Liste mit bundesweit geschulten LSVT BIG® Therapeuten dazu finden Sie unter: http://www.lsvt.de/lsvt-big/. Unsere Physiotherapeuten legen dabei Wert auf eine möglichst individuelle, auf die Beschwerden des Patient*innen ausgerichtete Therapie.
Die Ergotherapie ist eine ganzheitliche und handlungsorientierte Therapie, die es sich zum Ziel setzt, Patient*innen mit Problemen bei alltäglichen Verrichtungen - sei es, etwas zu schreiben, sich zu waschen oder anzukleiden - zurück in die größtmögliche Selbständigkeit zu führen. Methoden dazu sind z.B. die Manuelle Mobilisation oder das Motorische Funktionstraining zur Verbesserung von Feinmotorik und Geschicklichkeit. Unsere Ergotherapeut*innen unterstützen zudem bei der Hilfsmittel- und Wohnraumberatung und bieten gelegentlich auch kognitives Hirnleistungstraining bei Patient*innen mit begleitender dementieller Entwicklung an.
Die bei der Parkinson-Erkrankung auftretenden Bewegungseinschränkungen können auch die Gesichts-, Mund-, Schlund- und Kehlkopfmuskulatur betreffen.
Dies kann folgende Probleme nach sich ziehen:
- reduzierte mimische Bewegungen (Hypomimie)
- leise, heisere, behauchte Stimme mit kurzer, flacher Sprechatmung, erhöhter Sprechstimmlage, undeutlicher Artikulation (Dysarthrophonie)
- zu kleine Lippen-, Zungen- und Kaubewegungen durch geringere Bewegungsamplituden beim Sprechen sowie Essen und Trinken
- Starthemmungen beim Sprechen sowie bei der Nahrungsaufnahme mit dann unkontrollierter Beschleunigungder Tätigkeit (Festinationen beim Sprechen und Schlucken)
- Vermeintlich vermehrte Speichelproduktion bei verminderter Schluckfrequenz (Pseudohypersalivation)
- Nahrungstransportschwierigkeiten vom Mund in den Magen
- Häufiges Verschlucken von Nahrung und Getränken (Dysphagie)
Unsere Logopäd*innen widmen sich daher der individuellen Diagnostik und Therapie dieser Symptome.
Anhand unseres hausinternen Logopädie-Schemas werden die Patient*innen individuell untersucht: Nachdem der Schweregrad der jeweiligen Symptome und deren Einfluss auf die Alltagsbewältigung festgestellt wurden, wird im Anschluss der jeweilige Therapiefokus festgelegt. Da neben der mimischen Ausdrucksfähigkeit und des Sprechens auch das Schlucken beeinträchtigt sein kann, bieten wir in unserem Haus die Durchführung einer sogenannten FEES (fiberendoskopische Evaluation des Schluckens) an. Mit dieser Untersuchungsmethode kann das Vorliegen und der Schweregrad einer Schluckstörung nachgewiesen werden. Durch dieses bildgebende Diagnostikverfahren kann eine Entscheidung zur Anpassung der Kostform getroffen und eine logopädische Therapie entsprechend der individuellen Bedürfnisse der Patient*innen abgeleitet werden.
Nach einer umfangreichen Diagnostik erfolgt die Therapie, welche sich an den jeweiligen Bedürfnissen der einzelnen Patient*innen ausrichtet. So stehen – in Anlehnung an die Parkinson-spezifische LSVT Loud Therapie (http://www.lsvt.de/lsvt-loud/) - vor allem große und überdeutliche mimische und artikulatorische Bewegungen im Vordergrund. Es wird die stimmliche Lautstärke trainiert und die Sprechmelodie therapiert. Hinsichtlich einer möglicherweise vorliegenden Schluckstörung wird mittels kompensatorischer und adaptiver Maßnahmen an einer sicheren Nahrungsaufnahme gearbeitet bzw. ggf. eine Kostanpassung empfohlen.
In der neuropsychologischen Untersuchung werden die Auswirkungen der Parkinson-Erkrankung auf kognitive und emotionale Funktionen untersucht. Die neuropsychologische Diagnostik basiert auf umfassenden Testverfahren, um verschiedene Funktionsbereiche des Gehirns zu berücksichtigen (z.B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Orientierung, visuell-räumliche Wahrnehmung, Exekutivfunktionen (z.B. Handlungsplanung, Emotionales Befinden sowie Selbstwahrnehmung und Krankheitsbewältigung). Unsere Neuropsycholog*innen bieten zudem Trainingsprogramme von Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen sowie Neurofeedbacktherapien für Patient*innen mit Parkinson an und beraten und begleiten die Patient*innen und deren Angehörige persönlich und individuell mit dem Ziel der Verbesserung der alltäglichen Lebensqualität.
Hierbei liegt der Fokus vor allem auf der Vermittlung der Notwendigkeit des zeitlichen Abstandes von eiweißreicher Ernährung zur dopaminergen Medikation. Letztere sollte ca. 30 Minuten vor oder 1,5 Stunden nach dem Essen eingenommen werden, um eine optimale gastrointestinale Resorption zu ermöglichen. Auf eine proteinarme Kost sollte bei Parkinson prinzipiell geachtet werden. Bei stark kachektischen Patient* innen kann eine kalorienreiche Nahrungsergänzung sinnvoll sein. Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von mind. 2 Litern pro Tag sollte geachtet werden. Unsere Ernährungsberater geben zudem auch individuelle Ernährungstipps bei gastrointestinalen Beschwerden z.B. Verstopfung oder Blähungen.
Der Sozialdienst unserer Klinik versteht sich als Orientierungshilfe durch das oft unübersichtliche Angebot der verschiedenen Sozialleistungen. Er unterstützt z.B. bei der Beantragung von Sozialleistungen, bei der Organisation einer weiterführenden Rehabilitation oder ambulanten Pflege (z.B. Mittagstisch, Hausnotruf, Pflegedienst, etc.) oder bei der Suche adäquater Wohnbzw. Pflegeeinrichtungen (z.B. vollstationäre Pflegeheime, Kurzzeit- und Verhinderungspflege, betreutes Wohnen, betreute Wohngemeinschaften, Einrichtungen der Behindertenhilfe etc.). Zudem wird der Kontakt zu nachsorgenden Institutionen vermittelt (z.B. Selbsthilfeund Interessengruppen, Behindertenberatungsstellen). Der positive Effekt der Parkinson-Komplexbehandlung konnte bereits in mehreren Studien gezeigt werden und beweist sich auch in unserem klinischen Alltag. Daher bieten wir diese hochqualifizierte Parkinson-Komplexbehandlung in unserem Klinikum an.