Mit kleinen Schnitten gegen den Krebs: daVinci®-assistierte Rektumchirurgie
Jedes Jahr trifft die Diagnose eines Rektumkarzinom – ein bösartiger Tumor im Enddarm – alleine in Deutschland rund 18.000 Patient*innen; davon betroffen sind etwa 11.000 Männer und 7.000 Frauen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Chirurgie bietet bei nicht-metastasierten Tumoren mit der onkologischen Resektion die einzige Chance auf Kuration, wenngleich die Resektion heute Stadien-abhängig von weiteren Therapiemodalitäten (Strahlentherapie, Chemotherapie) flankiert wird. Aber auch bei oligo-metastasierten Karzinomen kann nach chirurgischer Intervention im Rahmen eines multimodalen Therapieansatzes eine potentielle Chance auf Kuration bestehen.
Bei tiefer Tumorlokalisation, dass heißt einem geringen Abstand des Primärtumors vom Anus, stellt die onkologisch adäquate Resektion des Rektums resp. Rektumkarzinoms inklusive des zugehörigen Lymphabstromgebietes mit hoher Qualität einen hohen Anspruch an die operative Expertise. Dieser resultiert nicht zuletzt aus der engen nachbarschaftlichen Beziehung des unteren Rektumabschnittes und umgebenden Lymphgewebes zu vor allem funktionell (Kontinenz) relevanten Strukturen.
Minimal-invasiver Zugang
Obgleich die Vorteile eines minimal-invasiven Zugangsweges zum Operationsgebiet für viele Eingriffe durch eine Vielzahl an Studien schon lange belegt sind, lag der Anteil der über den minimal-invasiven Zugang resezierten Rektumkarzinome in aktuellen Analysen in den USA bei ca. 45 Prozent [3] und in den Niederlanden bei 73 Prozent [4]. Verlässliche aktuelle Erhebungen für Deutschland fehlen. Schätzungsweise dürften ca. 40 Prozent der Rektumresektionen über den minimal-invasiven Zugang durchgeführt werden. Die minimal-invasive Resektion kann konventionell-laparoskopisch oder heute auch robotisch assistiert durchgeführt werden.
Neben der erforderlichen Expertise in der minimal-invasiven Chirurgie (MIC) waren es bisher auch technische Limitierungen, die eine durchgehende Anwendung der MIC insbesondere beim tief-sitzenden Rektumkarzinom in der breiten Versorgung unter den gegebenen Qualitätsanforderungen immer noch begrenzen.
Das daVinci®-System
Mit dem daVinci®-System (Fa. Intuitive, CA, USA) stand das erste System für robotisch-assistierte minimal-invasive Eingriffe zur Verfügung. Technische Innovationen wie das EndoWrist®, aber auch die stabile, durch den Operateur direkt steuerbare und zoombare 3D-Sicht in den Operationssitus, eine elektronische Tremor-Reduktion sowie weitere Neuerungen, lassen anspruchsvolle Präparationen in unmittelbarer Nähe zu den umgebenden sensiblen Strukturen zu, wodurch einige Limitierungen der konventionellen MIC überwunden werden konnten. Die technischen Vorteile, die das daVinci®-System für die robotisch-assistierten laparoskopischen Resektionen bietet, finden nicht zuletzt ihren Niederschlag in einer gegenüber der konventionell-laparoskopischen Resektion geringeren Konversionsrate [5, 6]. Einzelne Zentren berichten auch über eine höhere onkochirurgische Qualität. [7].
Seit 2019/2020 steht dem Darmzentrum Potsdam das daVinci® X-System für die Durchführung robotisch-assistierter MIC-Eingriffe zur Verfügung. Seither werden mit steigendem Anteil (2019: 14 Prozent, 2020: 47 Prozent; 2021: 100 Prozent) auch Rektumresektionen mit diesem System operativ behandelt.
Auch wenn in den letzten Jahren ein Rückgang der Inzidenz zu verzeichnen ist, starben im Jahr 2019 in Deutschland immer noch 3.000 Frauen und 4.500 Männer (rohe Fallzahl) infolge eines Rektumkarzinoms [2].
Darmzentrum Potsdam
Das Darmzentrum Potsdam unter der Leitung von Prof. Ptok, ist seit seiner Gründung im Jahr 2009 das am längsten bestehende Zentrum seiner Art im Land Brandenburg und durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert.
Referenzen
[1] Emrich K, Kraywinkel K. Epidemiologie des Rektumkarzinoms in Deutschland. Onkologe. 2020;26:1085 - 94.
[2] https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Datenbankabfrage/datenbankabfrage_stufe1_node.html (Abfrage 22.04.2022)
[3] Lee GC, Bordeianou LG, Francone TD, Blaszkowsky LS, Goldstone RN, Ricciardi R, Kunitake H, Qadan M. Superior pathologic and clinical outcomes after minimally invasive rectal cancer resection, compared to open resection. Surg Endosc 2020. 34; 3435 - 48.
[4] Rutgers ML, Detering R, Roodbeen SX, Crolla RM, Dekker JW, Tuynman JB, Sietses C, Bemelman WA, Tanis PJ, Hompes R, Dutch ColoRectal Audit Group. Influence of Minimally Invasive Resection Technique on Sphincter Preservation and Short-term Outcome in Low Rectal Cancer in the Netherlands. Dis Colon Rectum 2021. 1;64:1488 - 500.
[5] Safiejko K, Tarkowski R, Koselak M, Juchimiuk M, Tarasik A, Pruc M, Smereka J, Szarpak L. Robotic-assisted vs. standard laparoscopic surgery for rectal cancer resection: A systematic review and meta-analysis of 19,731 patients. Cancers (Basel) 2021.30;14:180.
[6] Prete FP, Pezzolla A, Prete F, Testini M, Marzaioli R, Patriti A, Jimenez-Rodriguez RM, Gurrado A, Strippoli GFM. Robotic versus laparoscopic minimally invasive surgery for rectal cancer. A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Ann Surg. 2018;267:1034 - 46.
[7] Aselmann H, Kersebaum JN, Bernsmeier A, Beckmann JH, Möller T, Egberts JH, Schafmayer C, Röcken C, Becker T. Robotic-assisted total mesorectal excision (TME) for rectal cancer results in a significantly higher quality of TME specimen compared to the laparoscopic approachreport of a single-center experience. Int J Colorectal Dis. 2018;33:1575 - 81.