Potsdam, 17. November 2023

Schriftzug Welt-Frühgeborenen-Tag

Bundesverband „Das frühgeborene Kind" e.V.

Unter dem Motto „Purple for Preemies“ zeigen Menschen und Einrichtungen rund um den Globus jährlich am 17. November Solidarität mit Frühchen und ihren Familien. Auch das Klinikum Westbrandenburg am Standort Potsdam sowie das Klinikum Ernst von Bergmann unterstützen den Aktionstag des Bundesverbandes „Das Frühgeborene Kind“ – sowohl in den sozialen Medien als auch direkt vor Ort in den Kliniken.

Etwa 60.000 Kinder werden jedes Jahr in Deutschland zu früh geboren. Demnach ist jedes 11. Neugeborene ein sogenanntes „Frühchen”. Frühgeborene stellen somit die größte Gruppe pädiatrischer Patientinnen und Patienten in Deutschland dar. Der Welt-Frühgeborenen-Tag am 17. November macht jährlich auf die besonderen Herausforderungen von Frühgeburten aufmerksam. Im Perinatalzentrum in Potsdam, dem größten Perinatalzentrum Brandenburgs mit der höchsten Versorgungsstufe (Level I), kommen jährlich rund 1.600 Kinder zur Welt, davon etwa 40 Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm.

„Die Allerkleinsten liegen unserem Team der Neonatologie besonders am Herzen. Hier kämpfen wir oft über Wochen zusammen mit den Eltern um das Überleben und für die beste Entwicklung der Frühchen“, so Prof. Dr. med. Thomas Erler, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Potsdamer Standort des Klinikum Westbrandenburg.

Babys, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, sind sogenannte Frühgeborene. Diese werden schon in den frühen Anfängen ihres Lebens mit vielen Herausforderungen konfrontiert und sie benötigen nicht selten eine aufwendige intensivmedizinische Betreuung.

„Bedingt durch die Unreife können Probleme verschiedener Organsysteme auf die kleinen Kinder zukommen und das weniger leistungsfähige Immunsystem ist mit einer erhöhten Infektionsanfälligkeit verbunden. Häufig verbringen sie die ersten Wochen ihres Lebens im Inkubator und kämpfen unter Umständen jeden Tag ums Überleben. Für Eltern ist die oft wochenlange klinische Betreuung ihres Kindes eine sehr belastende Zeit, die von Unsicherheiten geprägt ist“, so Dr. med. David Szekessy, Ärztlicher Leiter der Neonatologie des Klinikum Westbrandenburg in Potsdam. „Jede Frühgeburt, die vermieden oder möglichst lange hinausgezögert werden kann, ist deshalb enorm wichtig.“

Ersttrimester-Screening ermöglich Bemessung des Risikos einer Frühgeburtlichkeit

Bereits im Schwangerschaftsalter zwischen der 11+0. bis zur 13+6. Schwangerschaftswoche kann im Rahmen der Pränataldiagnostik das sogenannte Ersttrimester-Screening durchgeführt werden. Hierbei beurteilt eine entsprechend qualifizierte Ärztin bzw. ein qualifizierter Arzt unter anderem das individuelle Risiko möglicher Komplikationen in der Schwangerschaft. Dazu zählt neben der Präeklampsie und der fetalen Wachstumsrestriktion insbesondere die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt. 

„Ein wichtiger Indikator für die Bemessung des Risikos einer Geburt vor der 34. Schwangerschaftswoche ist die Länge des Gebärmutterhalses. Je kürzer dieser ist, desto wahrscheinlicher ist eine Frühgeburt“, erklärt Priv.-Doz. Dr. med. David Offermann, Leiter der Abteilung für Pränataldiagnostik und Gynäkologische Sonographie der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Klinikum EvB in Potsdam.

Ist das Risiko einer Frühgeburt hoch, sollten die Schwangeren entsprechend engmaschiger betreut und behandelt werden. „Das Ersttrimester-Screening ist leider bisher keine standardmäßige Leistung gesetzlicher Krankenkassen. Eine frühe feindiagnostische Ultraschall-Untersuchung ist jedoch für alle Schwangeren sinnvoll, unabhängig beispielsweise vom Alter“, ergänzt Priv.-Doz. Dr. med. David Offermann.

Der Totale Muttermund-Verschluss

Der Totale Muttermund-Verschluss (TMV) stellt die effektivste Maßnahme dar, um eine Frühgeburt und eine späte Fehlgeburt möglichst zu vermeiden. Hierbei wird der Muttermund in der Frühschwangerschaft operativ verschlossen.

„Aufsteigende genitale und intrauterine Infektionen – also Infektionen innerhalb der Gebärmutter – sind bedeutsame Risikofaktoren für die Entwicklung einer vorzeitiger Wehentätigkeit und Frühgeburt. In großen Studienkollektiven sind diese Infektionen in 40 bis 60 Prozent der Fälle von Frühgeburtlichkeit nachweisbar“, erklärt Prof. Dr. med. Dorothea Fischer, Chefärztin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Klinikum EvB. „Wir favorisieren den Eingriff des Totalen Muttermund-Verschlusses bei Schwangeren, die ein hohes Risiko für einen Spätabort oder eine Frühgeburt haben, insbesondere in Fällen, in denen solche Ereignisse wiederholt aufgetreten waren.“ Das Verfahren wurde vor mehr als vier Jahrzehnten in Deutschland eingeführt. Durch diese chirurgische Methode wird früh im zweiten Schwangerschaftsdrittel durch den operativen Verschluss des Muttermundes eine dauerhafte Keimbarriere geschaffen.

Perinatalzentrum Level 1

Bei einem Perinatalzentrum Level 1 handelt es sich um eine speziell auf die Versorgung von Risikoschwangeren, Früh- und Neugeborenen sowie Mehrlingsgeburten ausgerichtete Klinik. Level 1 beschreibt die höchste Versorgungsstufe für neugeborene Kinder, die es in Deutschland gibt. Das Besondere: Der Kreißsaalbereich und die neonatologische Intensivversorgung befinden sich unter einem Dach „Wand-an-Wand". Im Notfall wird daher keine wertvolle Zeit vergeudet; eine enge Zusammenarbeit und maximale Versorgung von Mutter und Kind ist zu jeder Zeit gegeben. Im Perinatalzentrum in Potsdam können somit Frühgeborene ab der Lebensfähigkeit mit einem Geburtsgewicht auch unter 500 Gramm kompetent und umfassend versorgt werden. Dafür stehen für alle Situationen hoch qualifizierte Teams und modernste Technik bereit.
 

PM EvB 50|2023 Welt-Frühgeborenen-Tag