PAVK – Wenn die Schmerzen kaum auszuhalten sind
Wir treffen Frau Brigitte Geisler zu einem Gespräch im Klinikum EvB. Gleich zur Begrüßung sagt sie leicht aufgeregt: „Na hoffentlich kann ich all Ihre Fragen beantworten“.
Natürlich kann sie dies. Frau Geisler ist ehemalige Patientin der Klinik für Angiologie und erzählt uns von ihrem Krankheitsbild – der peripher arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK), die eine Durchblutungsstörung der Beine oder Arme darstellt.
Wenn jeder Schritt schmerzt
Alles beginnt mit dem Weg durch die Innenstadt Potsdams. Wie an allen anderen Tagen auch geht die Rentnerin zu Fuß durch die Stadt und merkt bei jedem Schritt Schmerzen im Bein. Dieser Schmerz begleitet sie bereits seit einigen Wochen. Ihre Vermutung: „Jetzt habe ich es auch noch an der Hüfte“. Doch an diesem Dienstagmittag vor Christi Himmelfahrt sind diese Schmerzen kaum auszuhalten. 50 Meter gehen und Frau Geisler braucht eine Pause. Weitere 50 Meter und schon wieder ist der kaum auszuhaltende Schmerz in der Wade so stark, dass an ein Weitergehen nicht zu denken ist. Die Rentnerin will handeln und sucht spontan die angiologische Praxis von Dr. Ruttloff auf und stellt sich mit den Worten vor: „Ich geh hier nicht wieder weg – ich kann nicht mehr“. Sie wird umgehend Herrn Dr. Ruttloff, Chefarzt der Klinik für Angiologie, vorgestellt, der bereits nach einem Ultraschall der Beinarterie eine vorläufige Diagnose stellt: akuter Arterienverschluss.
Stationäre Einweisung
Bei einer PAVK muss schnell gehandelt werden
Damit Frau Geisler die besten Chancen für eine Genesung hat, muss schnell gehandelt werden: sie erhält von Dr. Ruttloff die stationäre Einweisung. Denn bei einer kritischen Ischämie, der schwersten Form der PAVK, besteht die Gefahr des Gliedmaßenverlustes. Zudem haben Betroffene mit PAVK ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Konsequenzen für das Bein bei Arterienverschluss sind Frau Geisler zu Beginn jedoch nicht bewusst und sie sorgt sich mehr um ihre für Sonntag geplante Reise nach Norwegen. Doch sie vertraut auf die Meinung von Herrn Ruttloff, nimmt sich ein Taxi nach Hause, packt eine Tasche für den bevorstehenden Klinikaufenthalt und lässt sich am Nachmittag von ihrem Sohn ins KEvB fahren. Angekommen auf der Station erhält Frau Geisler direkt ihr Bett und die ersten Voruntersuchungen beginnen. Nach diesem turbulenten Mittag erinnert sich die Potsdamerin: „Als ich in meinem Bett auf der Gefäßstation lag und keine Schmerzen mehr hatte, hatte ich kurz keine Sorgen mehr“. Typisch für das Krankheitsbild der PAVK ist, dass die Schmerzen im Ruhezustand komplett verschwinden können und lediglich bei Bewegung auftreten.
Der interventionelle Eingriff
Bereits am nächsten Tag ist es für Frau Geisler soweit und die Rentnerin wird in die Radiologie, genauer gesagt in die Angiographie, gebracht und direkt für den interventionellen Eingriff vorbereitet. Eine örtliche Betäubung reicht aus und gibt Frau Geisler die Möglichkeit offene Fragen direkt an den behandelnden Arzt zu richten. „Ich konnte alles am Monitor verfolgen. Ich war total erstaunt, was da alles in meinem Bein so los ist. Das hatte ich mir so gar nicht vorgestellt und vor allem was dort alles verschlossen war – das wurde mir alles im Detail erklärt.“, erinnert sie sich.
Da nicht alle Verschlüsse direkt mit einem Ballon eröffnet werden konnten, entschließt das Ärzteteam eine Thrombolyse durchzuführen. Dabei wird versucht Blutgerinnsel in einem Gefäß medikamentös aufzulösen. Diese Art der Behandlung bedarf einer engmaschigen Kontrolle der Gerinnungswerte. Standardisiert findet die Überwachung auf unserer Intensivstation statt. „Dass ich auf die Intensivstation gebracht werde, damit habe ich nicht gerechnet. Das war zu Beginn ein riesen Schock für mich. Doch ich wusste, dass es nur zu Überwachungszwecken war und dort war ich natürlich bestens aufgehoben“, erzählt Frau Geisler. In sehr regelmäßigen Abständen wird ihr klinischer Zustand beurteilt und ihr Blutdruck überwacht, um bei Änderungen sofort reagieren zu können. Am Morgen darauf wird in der Angiographie geschaut, wie erfolgreich die Thrombolyse-Therapie war: es hatten sich weitere Verschlüsse eröffnet. Zurück auf der Intensivstation, wurden die Katheter entfernt und ein Druckverband angelegt: „Ich dachte da kommt ein Wagenheber“, lacht Frau Geisler. Nach sechs Stunden hat sie auch dies überstanden und wird nach insgesamt vier Tagen im Klinikum EvB schmerzfrei entlassen.
Schmerzfrei in den Urlaub
Auf die Frage, wie es ihr knapp einen Monat nach dem Eingriff geht, sagt Frau Geisler: „Ich habe dauernd auf den Schmerz gewartet: jetzt muss es doch bald wieder losgehen. Doch ich habe wirklich bisher keine Schmerzen gehabt“. Auch ihren Urlaub in Norwegen konnte Frau Geisler schmerzfrei genießen: „Für die Seele war es toll“.
Wir bedanken uns recht herzlich bei Frau Geisler für den Einblick in ihre Krankheitsgeschichte und das tolle Gespräch. Für die Zukunft wünschen wir ihr weiterhin alles Gute.
Unser FLOH-Innenhof hat eine neue "Attraktion": unseren pAVK-Trainingsparcours.
Wer künftig ab der Startmarkierung den Fußabdrücken auf den Pflastersteinen folgt, erreicht nach ca. 140 Metern das Ziel. An den Stationen, die den Parcours in vier Abschnitte teilen, stehen jeweils Bänke zum Ausruhen und Durchatmen bereit. Diese werden auch dringend benötigt, da der Parcours hauptsächlich unseren pAVK-Patient*innen dient.
pAVK ist die Abkürzung für die (periphere) arterielle Verschlusskrankheit. Dabei handelt es sich um eine Durchblutungsstörung, die vor allem die Beine betrifft. Bei den Betroffenen sorgen chronische Entzündungsprozesse für Ablagerungen und Verkalkungen der Arterien (die sogenannte Arteriosklerose), die im fortschreitenden Stadium zu Verschlüssen der Arterien führen. Aus diesem Grund werden Gewebe und Muskulatur nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
Im Anfangsstadium der Erkrankung können Betroffene aufgrund von Schmerzen in den Beinen beim Laufen meist nur eine eingeschränkte Gehstrecke zurücklegen. Aufgrund der beim Gehen erforderlichen Pausen spricht man auch von der „Schaufensterkrankheit". Im Verlauf der Erkrankung kommen auch Schmerzen im Ruhezustand hinzu.
"Mit dem Parcours bieten wir unseren Patienten die Möglichkeit auf der festgelegten Strecke in Bewegung zu bleiben, Erfolge festzuhalten und sich auch Pausen zu gönnen", sagt Dr. med. Peter Olschewski, Departmentleiter Gefäßchirurgie.