Bei der arteriellen Verschlusskrankheit handelt es sich um akute oder chronische Verschlüsse, die sich in allen Gefäßprovinzen, zum Beispiel zerebral, kardial, renal, mesenterial oder eben in den peripheren Arm- und Beingefäßen manifestieren können.

Verengung einer Arterie

Verengung einer Arterie

hywards – stock.adobe.com

Vorwort

In unserem durch die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie zertifizierten Gefäßzentrum arbeiten alle Fachdisziplinen, die sich ambulant und stationär mit Gefäßerkrankungen befassen, zusammen. Zum Kernteam gehören die Angiologie, die Radiologie und die Gefäßchirurgie. Assoziiert sind die Stroke Unit der Neurologie, die Kardiologie, das Wundzentrum der plastischen Chirurgie sowie die Diabetologie mit der Fussambulanz. Neben der arteriellen Verschlusskrankheit versorgen wir im Gefäßzentrum auch Thrombosen/Lungenembolien und chronisch-venöse Insuffizienz sowie Lymphgefäßerkrankungen.
Weitere Schwerpunkte sind die Versorgung von Aortenaneurysmen (thorakal und abdominell) mit minimal invasiven Verfahren sowie das gesamte Spektrum der Dialysezugangschirurgie. Hierzu gehört das erste und bisher einzige zertifizierte Shuntzentrum im Land Brandenburg. 

Die Zuweisung von Patient*innen mit allen Arten von arteriellen Durchblutungsstörungen erfolgt überlicherweise über angiologische und gefäßchirurgische Praxen. Notfälle kommen über die Zentrale Notaufnahme des Klinikums EvB. Es existiert eine Rufbereitschaft für Gefäßnotfälle rund um die Uhr. Chronische Verschlüsse oder Stenosen sind in der Regel durch Arteriosklerose bedingt, sehr viel seltener durch angeborene Missbildungen (z.B. Fibromuskuläre Dysplasie), Kompressionssyndrome oder Vaskulitiden. Ursachen für akute Verschlüsse sind meistens Herzrhythmusstörungen (insbesondere Vorhofflimmern), arterio-arterielle Embolien aus Plaques oder aus Aneurysmata oder gelegentlich auch bei rechts-links-Shunts. Die arteriosklerotisch bedingte PAVK ist eine wichtige Markererkrankung für kardiovaskuläre Erkrankungen allgemein. Die hohe Mortaliät ergibt sich aus den assoziierten kardialen und zerebralen Manifestationen. Deshalb ist im Hinblick auf ihre hohe Mortalität ein professionelles Risikofaktorenmangagement enorm wichtig.

Die Stadieneinteilung der PAVK

Die Stadieneinteilung der PAVK erfolgt klassischerweise nach FONTAINE:

I keine Symptomatik

IIa Gehstrecke über 200 Meter (bzw. geringe Einschränkung)

IIb Gehstrecke unter 200 Meter (erhebliche Einschränkung)

III Ruheschmerz

IV Ulcus Gangrän

Symptomatik

  • Symptom ist typischerweise die Claudicatio intermittens („Schaufensterkrankheit“) bzw. der Ruheschmerz mit Besserung in Beintieflage, das akrale Ulcus bzw die Gangrän. Bei akuten Verschlüssen plötzlicher Schmerz (häufig wird eine konkrete Zeit angegeben).
  • Eine Durchblutungsstörung des Darmes manifestiert sich durch postprandiale abdominelle Schmerzen (DD sind hier die wesentlich häufigeren gastrointestinalen Ulcerationen). Bei akuten Verschlüssen „akutes Abdomen“
  • Relevante Durchblutungsstörungen der Niere äußern sich durch mit 3 Antihypertensiva nicht einstellbaren art. Hypertonus. Bei akuten Verschlüssen Flankenschmerz.
  •  Zerebrovaskuläre und kadiovaskuläre Erkrankungen sind nicht Gegenstand dieses Artikels.

Neben der Anamnese und der Erhebung der Gehstrecke erfolgt zunächst eine Dopplersonographie mit Ableitung der Pulskurven der Knöchelarterien mit Bestimmung des Knöchel-Arm-Index (engl. Ankle-Brachial-Index – ABI) Normal: >0,9. <0,5 kritische Ischämie. Der ABI ist bei Diabetiker*innen und Dialysepatient*innen (mit Mediasklerose) nicht verwertbar. Alternativ kann hier eine Oszillometrie erfolgen. Bei pathologischen Werten erfolgt anschließend eine Duplexsonographie („Farbduplex“), um die Art der Stenosen und Verschlüsse genauer zu lokalisieren.

Erscheint eine interventionelle Revaskularisation aussichtsreich, erfolgt eine Angiographie in Interventionsbereitschaft. Erscheint eine operative Revaskularisation sinnvoll, erfolgt als nächster Schritt eine MR-Angiographie. Alle diagnostischen Maßnahmen folgen den für das Gefäßzentrum verbindlichen „Standard operating Procedures – (SOP)“, die sich an den aktuell gültigen Leitlinien anlehnen. Alle Fälle werden in der zweimal wöchentlich stattfindenden Gefäßkonferenz, an der entscheientscheidungsbefugte Mitarbeiter*innen aller Fachdisziplinen teilnehmen, demonstriert und diskutiert. Notfälle werden natürlich zeitnah entschieden. Bei vitaler Gefährdung der Extremität, des Darmes oder anderer Organe kann die Diagnostik (einschließlich CT und MRT) rund um die Uhr erfolgen. Eine kurzfristige Erreichbarkeit aller benötigten Expert*innen ist gewährleistet.

Konservative Therapie

Die konservative Therapie erfolgt in der Regel ambulant über unsere angeschlossene Praxis für Angiologie der Poliklinik Ernst von Bergmann. Sie umfasst eine Aufklärung über die Beseitigung von Risikofaktoren Nikotinabusus, Blutdruckeinstellung, Diabetestherapie. Deren Umsetzung obliegt den Hausärzt*innen. Wir geben Empfehlung bezüglich der medikamentösen Therapie bestehend aus Thrombozytenaggregationshemmung und Antikoagulation. Besonderen Wert legen wir auf das Lipidmanagement (Zielwerte - siehe Abbildung 2).

Zusätzlich bieten wir ein Gehtraining in unserer Gefäßsportgruppe an (siehe Kontakt). Soll eine interventionelle Therapie erfolgen, wird nach Koordination durch unsere Terminierung eine stationäre Aufnahme auf die Angiologie in Abstimmung mit dem Patientenwunsch geplant. Nach Aufklärung über den geplanten Eingriff, eventueller Vorwässerung bei Niereninsuffizienz und Ausschluss einer Hyperthyreose erfolgt die Therapie in der interventionellen Radiologie.

Sonderfall Endangiitis oblitereans

Es handelt sich um eine äthiologisch noch nicht ganz klare schubweise verlaufende entzündliche Gefäßerkrankung, für die autoimmunologische Prozesse diskutiert werden. Auslösend ist ein Nikotinabusus. Für schwere Fälle bieten wir nach Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse eine Immunadsorbtionstherapie an.

Interventionell radiologische Therapiemöglichkeiten der PAVK

Interventionell radiologische Verfahren haben sich als eine der wichtigsten Therapiemöglichkeiten der PAVK etabliert, bei denen mit Hilfe bildgebender Verfahren minimal- invasive Eingriffe unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden können. In den letzten Jahren hat es zahlreiche Fortschritte bei der interventionellen Versorgung der PAVK gegeben, welche die Behandlungsergebnisse deutlich verbessert und die Behandlungsmöglichkeiten erweitert haben.

Die Ballonangioplastie ist eines der am häufigsten durchgeführten interventionellen radiologischen Verfahren zur Behandlung der PAVK. Bei diesem Verfahren wird ein kleiner Ballonkatheter in das betroffene Blutgefäß eingeführt und anschließend aufgepumpt, um den verengten oder blockierten Gefäßabschnitt zu öffnen. Dabei handelt es sich um ein relativ einfaches und unkompliziertes Verfahren, das eine deutliche Linderung der Symptome bewirken kann. Die einfache Ballonangioplastie hat jedoch auch einige Nachteile. Einer der Hauptnachteile besteht darin, dass der Ballonkatheter die Plaque, die das Blutgefäß blockiert, nicht entfernt, was dazu führen kann, dass sich das Gefäß mit der Zeit wieder verschließt. Außerdem ist das Verfahren für bestimmte Patient*innen möglicherweise nicht geeignet, z. B. für Patient*innen mit sehr ausgeprägten Kalkablagerungen.

Medikamentenfreisetzende Ballons (DEBs) sind eine neuere Form der Ballonangioplastie, die in klinischen Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt haben. DEBs ähneln einfachen Ballonkathetern, sind aber mit einem Medikament beschichtet, das verhindern soll, dass sich das Gefäß nach dem Eingriff erneut verschließt. Das Medikament wird beim Aufpumpen langsam aus dem Ballon freigesetzt, wodurch das Risiko einer erneuten Restenose verringert wird. DEBs haben sich bei der Behandlung von kurzen bis mittellangen Läsionen als wirksam erwiesen und können in einigen Fällen eine gute Alternative zu Stents sein. Der Trend zu immer kleineren Systemen wird bei uns konsequent umgesetzt.

Es gibt bestimmte Situationen, in denen das Stenting der Ballonangioplastie vorgezogen werden sollte. Eine Indikation für das Stenting anstelle der Ballonangioplastie liegt dann vor, wenn die Arterie eine langstreckige oder komplexe Läsion aufweist. Es gibt verschiedene Arten von Stents, die bei PAVK eingesetzt werden können, darunter selbstexpandierende Nitinolstents und medikamentenfreisetzende Stents (DES).

Selbstexpandierende Nitinolstents bestehen aus einer Nickel-Titan-Legierung und können sich an die Form des Gefäßes anpassen. Diese Stents sind sehr flexibel und können in kleinen oder geschlängelten Gefäßen eingesetzt werden. Sie erzielen ähnliche Ergebnisse wie die Ballonangioplastie und weisen eine geringere Restenoserate auf. Allerdings verhindern sie eine Restenose nicht so wirksam wie medikamentenfreisetzende Stents (DES). Auch bei den Stents sind bei uns bereits kleinlumige 4-French-Systeme zur besseren Vermeidung von Nachblutungen und kürzeren Liegezeiten im Einsatz.

Die Atherektomie ist ein Verfahren zur Entfernung von Plaques an den Arterienwänden, welches sich von der Angioplastie und den Stents unterscheidet, die beide die Plaques in die Gefäßwand pressen. Die Atherektomie hat sich als vielversprechend bei der Behandlung von verkalkten und fibrotischen Läsionen erwiesen, die mit anderen Verfahren schwieriger zu behandeln sind. Die Rotationsthrombektomie ist ein mechanisches Verfahren zur Beseitigung frischer thrombotischer Verschlüsse. Rotarex als Rotationsthrombektomie und Jetstream als Atherektomie sind beides Systeme, die im Klinikum Ernst von Bergmann zur Entfernung von Thromben und Plaques aus peripheren Gefäßen eingesetzt werden.

Rotarex nutzt die Rotationskraft, um Thromben aus dem Gefäß zu entfernen. An seiner Spitze befindet sich ein Fräser, der die Thromben auflockert, die dann über eine spiralförmige Welle abtransportiert werden. Das Jetstream-System nutzt eine Kombination aus mechanischer Abtragung mit einer rotierenden Spitze mit winzigen Klingen und Pumpenabsaugung, um Plaqueablagerungen aufzubrechen und zu entfernen. Studien haben gezeigt, dass die Atherektomie in bestimmten Fällen wirksamer sein kann als Angioplastie und Stenting, insbesondere bei Patient*innen mit verkalkten Plaques. Die Entscheidung, ob eine Atherektomie, Angioplastie oder ein Stenting durchgeführt werden soll, muss im Einzelfall getroffen werden.

Chronische Totalverschlüsse sind vollständige Verschlüsse in einer Arterie, die seit mehr als drei Monaten bestehen. Die Behandlung ist oft schwierig, durch neuere technische Entwicklungen können aber auch diese mit guten Ergebnissen interventionell behandelt werden. Zur Behandlung von CTOs setzen interventionelle Radiolog*innen eine Reihe von Techniken ein, darunter beispielsweise die subintimale Angioplastie.

Bei dieser Technik wird der Verschluss im subintimalen Raum (dem Raum zwischen der Intima und der Media der Gefäßwand) überwunden und distal des Verschlusses mit speziellen Re-Entry Kathetern wieder das wahre Lumen erreicht. Andere Techniken sind beispielsweise ein retrograder Zugang, um den Verschluss vom distalen Ende aus zu durchqueren. Sobald die CTO erfolgreich durchquert wurde, kann anschließend ein Stent platziert werden, um das Gefäß offen zu halten. Die genannten Techniken sind komplex und sollten deshalb nur von erfahrenen Interventionsradiolog*innen durchgeführt werden.

Die interventionelle Thrombektomie und die lokale Thrombolyse sind zwei minimal-invasive Behandlungsmöglichkeiten für die Behandlung thrombotischer und embolischer Verschlüsse. Bei beiden Verfahren wird das Blutgerinnsel entfernt oder aufgelöst, um den Blutfluss in der betroffenen Extremität wiederherzustellen. Die lokale Thrombolyse ist eine minimal-invasive Behandlungsoption und gilt im Allgemeinen als sicher und gut verträglich, mit einem geringen Risiko von Blutungen und anderen Komplikationen.

Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Thrombolyse in bestimmten Situationen kontraindiziert ist, z. B. bei aktiven inneren Blutungen oder kürzlich durchgeführten Operationen. Die mechanische Thrombektomie ist ein Verfahren, bei dem ein Thrombus mit einem Spezialkatheter entfernt wird, wenn z.B. eine Thrombolyse zu komplikationsträchtig oder aufwendig erscheint. Die mechanische Thrombektomie und die lokale Thrombolyse werden bei akuten thrombotischen und embolischen Verschlüssen bei PAVK durchgeführt, während in chronischen Stadien Angioplastie, Stenting und Atherektomie die am häufigsten verwendeten Techniken sind.

Bei schlechter Ausstrombahn und wenn interventionelle oder operative Verfahren ausgeschöpft sind und weiterhin eine mangelhafte Durchblutung der Unterschenkelund Fußarterien vorliegt, kann durch eine CT gesteuerte lumbale Sympathikolyse sehr häufig eine Symptombesserung erreicht werden. Durch eine CT-gesteuerte Injektion von Alkohol unmittelbar an den lumbalen Sympathikusgrenzstrang kommt es zu einer Vasodilatation und damit verbesserten Durchblutung der unteren Extremität. Bei Patient*innen mit Ruheschmerz kann durch dieses nebenwirkungsarme Verfahren sehr häufig eine Schmerzbesserung erreicht werden, auch kommt es teilweise zum Abheilen von Nekrosen. Für den Eingriff ist lediglich eine Lokalanästhesie notwendig.

Chirurgische Behandlung

Nur wenn eine mininal invasive Therapie alleine nicht zielführend ist, wird in enger Absprache mit der Patientin oder dem Patienten ein individuelles chirurgisches Behandlungskonzept entwickelt. Dies kann eine Kombination von interventioneller und operativer Therapie sein, eine sogenannte Hybrid Operation.

Es gibt die Möglichkeit zur intraoperativen Angiographie sowohl mit konventionellem Kontrastmittel oder bei Niereninsuffizienz mit CO2 Zudem kann durch die Nutzung des intravaskulären Ultraschalls eine optimierte Stentauswahl erfolgen und gleichzeitig die benötigte Strahlungsdosis deutlich reduziert werden. Alternativ wird bei gegebener Indikation eine Bypassanlage geplant. Hier besteht eine umfangreiche chirurgische Expertise insbesondere für crurale und pedale Bypässe, welche regelhaft mit autologem Venenmaterial angelegt werden.

Sonderfall Bauchaortenaneurysma

In dem gefäßchirurgischen Department des Klinikum Ernst von Bergmann werden thorakale und abdominelle Aortenaneurysmen (inklusiver iliakaler Begleitaneurysmata) versorgt. Dies erfolgt sowohl im Notfall als auch im elektiven Setting überwiegend minimal invasiv durch Implantation von Stentprothesen. Durch Nutzung von entsprechenden Verschlusssystemen verbleiben in aller Regel nur noch zwei kleine Punktionsstellen in der Leistenregion und die Patient*innen verbleiben durchschnittlich vier Tage im Klinikum. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Versorgung von Aneurysmata gelegt, welche auch das sogenannte reno-viscerale Segment der Aorta einschließen (Thorako-abdominelle Aortenaneurysmata). Hierfür müssen speziell für die jeweiligen Patient*innen maßgeschneiderte Stentprothesen geplant werden.

Es wird von der Diagnosestellung, über die Therapie bis hin zur Nachsorge ein umfassendes Angebot vom Klinikum und der angegliederten gefäßchirurgischen Praxis von Herrn Dr. Olschewski vorgehalten. Zur Planung einer interventionellen Therapie ist die Durchführung einer qualitativ hochwertigen CT- Angiographie der Goldstandard. Zusätzlich müssen umfangreiche Voruntersuchungen zur Evaluierung des kardialen pulmonalen und renalen Risikos erfolgen. Erst nach Abklärung des individuellen Patientenrisikos wird in Zusammenschau mit dem Rupturrisiko des jeweiligen Aneurysmas eine Empfehlung für eine mögliche Therapie ausgesprochen. Diese Festlegungen erfolgen in den regelmäßig stattfindenden Konferenzen des Gefäßzentrums am Klinikum.

Nach einer erfolgten Therapie durch eine Stentimplantation (EVAR= Endovaskuläres Aortenrepair) werden zu den jährlichen Verlaufskontrollen am Klinikum regelhaft Kontrastmittelsonographien durchgeführt, um die kumulierte Strahlenbelastung für die Patient*innen möglichst gering zu halten. Grundsätzlich sollten alle Betroffenen mit einem Aneurysma (Aortendurchmesser > 3cm) dringend einen bestehenden Nikotinabusus einstellen und eine engmaschige Kontrolle und Einstellung eines bestehenden Hypertonus solle erfolgen. Auch besteht analog zur PAVK eine starke Empfehlung zur Gabe eines Statinpräparates, sofern keine Kontraindikationen bestehen. Häufig besteht auch eine kardiovaskuläre Komorbidität, so dass auch die Gabe eines Thrombocytenaggregationshemmers geboten ist.

Ein Screening auf ein Bauchaortenaneurysma ist für Männer und Frauen mit einer Raucheranamnese ab dem 65. Lebensjahr sinnvoll. Die Indikation zur interventionellen Versorgung eines asymptomatischen Aneurysmas der abdominellen Aorta besteht nach den gängigen Leitlinien ab 50 mm (Frauen) bzw. 55 mm Durchmesser (Männer). Aneurysmata zwischen 3 und 5 bzw. 5,4 cm sollten regelmäßig mittels Ultraschalluntersuchungen kontrolliert werden. Auch eine zügige Größenprogredienz (>1 cm/12 Monate) kann eine Indikation zur operativen Versorgung sein. Die Versorgung erfolgt je nach anatomischer Lage mit Standard-Stentprothesen oder maßgeschneiderten Prothesen (sogenannten CMD (Custom Made Device) Prothesen). Die Operation erfolgt in Abhängigkeit von den Begleiterkrankungen und den Wünschen der Patient*innen entweder in Vollnarkose oder in Lokalanästhesie. Unmittelbar postoperativ erfolgt eine Überwachung auf einer speziellen Intensivstation mit besonders geschultem Pflegepersonal.

Wie in den gBA Richtlinien gefordert, stehen nicht nur durchgehend die behandelnden Gefäßchirurg*innen, sondern auch alle im Notfall relevanten Fachrichtungen wie z.B. die Kardiologie oder die Nephrologie, bereit. Patient*innen mit abdominellen Beschwerden und einem Aneurysma bedürfen einer sehr dringlichen Abklärung und im Falle eines sogenannten symptomatischen Bauchaortenaneurysmas einer umgehenden Therapie. Eine besondere Herausforderung stellen die leider immer noch vorkommenden rupturierten Bauchaortenaneurysmata da. Hier bedarf es einer perfekten Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst, Notaufnahme und Gefäßchirurgie, um eine erfolgreiche Versorgung des betroffenen Patient*innen zu ermöglichen. Hierfür gibt es am Klinikum hoch standardisierte Verfahrensabläufe und bestehende Prozesse werden laufend optimiert. Das Department für Gefäßchirurgie unter der Leitung von Dr. med. Olschewski steht bei jeglichen Fragen zur Indikationsstellung und Versorgung von Aneurysmata der Aorta, auch gerne im Sinne einer Zweitmeinung, zur Verfügung. Auch zur strukturierten Nachsorge können Patient*innen in der Praxis für Gefäßchirurgie unkompliziert angebunden werden.

Sonderfall Diabetischer Fuß

Das diabetische Fußsyndrom beschreibt akute und chronische Wunden aufgrund von diabetesbedingter Neuropathie und den damit verbundenen Veränderungen am Fuß. In Deutschland besteht eine Prävalenz der diabetischen Polyneuropathie von schätzungsweise 13,5 % und des diabetischen Fußsyndroms von 6-8 %. Es ist anzunehmen, dass mindestens 70 % der Majoramputationen (Amputationen oberhalb des Sprunggelenkes) und 85% aller Minoramputationen ( Amputationen unterhalb des Sprunggelenkes) bei Menschen mit Diabetes mellitus in Deutschland erfolgen. Die 5-Jahres Überlebensrate nach Amputation unterhalb des Sprunggelenkes beträgt etwa 50 %, das entspricht der gleichen durchschnittlichen Überlebensrate einer Krebserkrankung bei Männern in Deutschland. Durch die diabetische Neuropathie kommt es zu vielfältigen Veränderungen am Fuß.

Die sensible Komponente bedingt einen Verlust des schützenden Schmerzempfindens sowie des Temperaturempfindens, somit kommt es zur verminderten bis aufgehobenen Schmerzwahrnehmung z.B. bei Hitzeschäden, Verbrühungen, Traumata, repetiver mechanischer Überlastung oder Fremdkörpereintritt. Durch die motorische Komponente der Neuropathie kommt es zur distal führenden Muskelatrophie mit Verkürzung von Sehnenstrukturen, Zehen- und Fußfehlstellungen und in der Folge zur Belastung von Zonen, die keine ausreichende Fettpolsterung und Kompensationsmöglichkeit aufweisen. Die autonome Komponente bedeutet einerseits Atrophie von Schweiss- und Talgdrüsen mit rissiger, trockener und vulnerabler Haut, andererseits vermehrten Blutfluss durch Eröffnung präkapillarer Shunts und Sympathikolyse mit Osteoklastenaktivierung, was in der Folge eine Bedingung der Entstehung von Charcot-Arthropathien – einem der schwersten diabetologischen Notfällen – werden kann. Die vielen Facetten der diabetischen Nervenschädigung sind Hauptbedingung für das Auftreten eines diabetischen Fußsyndroms.

Zusätzliche Katalysatoren sind sowohl die periphere Durchblutungsstörung (PAVK) als auch vorbestehende Fußfehlstellungen und weitere resistenzmindernde Faktoren wie beispielsweise Mangelernährung, unzureichende Blutzuckereinstellung und Vitaminmangelzustände. Die frühzeitige Diagnose und Zuweisung zu einem spezialisierten Behandlungsteam kann die Amputationsraten nach aktuellen Daten um mindestens 30-50 % reduzieren. Zur Einordnung der Erkrankungsschwere und Verlaufsbeurteilung ist die Klassifikation nach Wagner/Armstrong im klinischen Alltag praktikabel. Alle Patient*innen mit einem diabetischen Fußsyndrom im Stadium 2 mit Infektion oder Ischämie sowie alle Patient*innen im Stadium 3 sollten unmittelbar einer spezialisierten Behandlungseinrichtung zugewiesen werden, dies kann eine Diabetesschwerpunktpraxis oder eine Fußbehandlungseinrichtung nach DDG sein.

Das Behandlungskonzept umfasst die sofortige Druckentlastung der Wunde, Abklärung der Durchblutungs- und Infektsituation und im Anschluss der pathophysiologisch orientierten Identifikation der Ursache und des Auslösers. Die Ergründung der Ursache erfolgt bei uns nach dem Entitätenkonzept nach Engels/Hochlehnert. Zentrale Aufgabe der Diabetologie im Fußbehandlungsteam ist die Koordination zwischen allen Behandlern und Teammitgliedern, um zu jedem Zeitpunkt des Behandlungsprozesses die richtigen Schritte umzusetzen: von der Wiederherstellung der Durchblutung bis zur plastischen Defektdeckung und der abschließenden Maßschuhversorgung und multiprofessionellen Rezidivprophylaxe. Die wichtigste Errungenschaft der vergangenen Jahre ist die rechtliche Etablierung eines Zweitmeinungsverfahrens vor Minor- und Majoramputationen zur Verhinderung unnötiger Amputationen und unzureichender Diagnostik- und Therapiemaßnahmen.

Eine weitere wichtige Entwicklung ist die in der Ambulanz durchführbare minimalinvasive Sehnen- und Knochenchirurgie zur gezielten Korrektur auslösender Fehlstellungen. Die Behandlung von Patient*innen mit diabetischem Fußsyndrom erfolgt in unserem Gefäßzentrum über die Klinik für Nephrologie, Endokrinologie und Diabetologie über die teilstationäre Fußbehandlung. Wir ermitteln Ursache und Auslöser anhand von klinischer Untersuchung, Anamnese und vorliegenden Befunden und behandeln multiprofessionell mit einem Gesamtkonzept aus Infektions/Wundbehandlung, Durchblutungsdiagnostik/ Verbesserung und Druckentlastung/Schuhversorgung. Alle erforderlichen Laborwerte, Konsile und bildgebende Untersuchungen können durch unsere Einrichtung über die Infrastruktur des Klinikums angefordert werden. Um vollstationäre Behandlungen zu reduzieren, können ausführliche Wunddebridements und Infusionstherapien durch uns durchgeführt werden. Alle etablierten und experimentiellen Verfahren Wundbehandlung werden im Behandlungsprozess mit berücksichtigt. Die Behandlung kann bei bestehender Polyneuropathie und/oder Durchblutungsstörung und vorliegendem Ulcus mit einem Einweisungsschein für das jeweilige Quartal erfolgen.

Terminvereinbarung und Rücksprache ist von 7:00 – 15:30 Uhr über die Hotline der Fußambulanz: 0331 241-36345.

Ihre Ansprechpartner*innen

Im Fokus

Symbolbild eines Gefäßes

PAVK – Wenn die Schmerzen kaum auszuhalten sind

Bei der arteriellen Verschlusskrankheit handelt es sich um akute oder chronische Verschlüsse, die zum Beispiel in den Gliedmaßen auftreten können. Schnelles Handlen ist bei einer PAVK für den Behandlungserfolg maßgeblich – davon berichtet unsere Patientin Frau Geisler.