Bandscheibenvorfälle

Die gute Nachricht vorweg: Nur etwa 5 % aller Bandscheibenvorfälle bedürfen einer Operation. In den allermeisten Fällen lassen sich die Schmerzen mit Medikamenten und einer physiotherapeutischen Behandlung in Kombination mit Heimübungen nach einigen Wochen in den Griff bekommen.

Bild: Bandscheibenvorfall zwischen dem 5. Lendenwirbelkörper und 1. Sakralwirbelkörper.

Wann operieren?

Es muss nur operiert werden, wenn Störungen der Kontrolle der Blasen- und Darmfunktion oder eine höhergradige Lähmung an der betroffenen Extremität bestehen. Man spricht von einer sogenannten absoluten Operationsindikation.

Man kann eine Operation empfehlen, wenn trotz aller Therapiemaßnahmen starke die Lebensqualität einschränkende Schmerzen - vielleicht auch in Verbindung mit Arbeitsunfähigkeit - persistieren. Die Operationsindikation wäre dann als relativ zu sehen. Kein Arzt kann diese Entscheidung für den Patienten treffen, denn nur der Patient kann seine Schmerzen einschätzen und die Wahrnehmung für diese ist so unterschiedlich wie die Persönlichkeit der Menschen. Wir werden Ihnen aber beratend bei der Abwägung der Vor- und Nachteile einer Operation zur Seite stehen und in jedem Falle immer alle alternativen Behandlunsmöglichkeiten ausschöpfen, welches zum nächsten Punkt überleitet.

Gibt es Alternativen zur Operation?

Wie bereits oben beschrieben sind Zeit, Schmerzmedikamente, und Physiotherapie das A und O bei der Behandlung von Bandscheibenvorfällen. Zusätzlich kann eine Infiltrationsbehandlung veranlaßt werden, welche in nicht wenigen Fällen ausreichend ist, um den Patienten über die akute Phase hinwegzuhelfen und eine Operation zu vermeiden. Diese Infiltrationen können also therapeutischen Effekt haben, werden aber auch manchmal diagnostisch durchgeführt, um herauszufinden, ob die vom Patienten beschriebenen Symptome auch wirklich auf den bildgebenden Befund zurückzuführen sind.

Wenn doch operiert wird, wie geht das genau?

Bandscheibenvorfälle werden, abhängig davon wo sie auftreten, mit etwas unterschiedlichem Zugang, aber stets unter dem Operationsmikroskop und in mikrochirurgischer Technik operiert.

Halswirbelsäule:

  • Zugang von vorne über einen kleinen Schnitt auf Kragenhöhe (am häufigsten). Durch die natürliche Biegung der Halswirbelsäule nach vorne, gelangt der Operateur schnell zum betroffenen Segment, wo die Bandscheibe unter mikroskopischer Vergrösserung komplett entfernt und entweder durch ein künstliches Interponat (Cage) oder eine Bandscheibenprothese ersetzt wird. Ob ein Cage oder eine Prothese im jeweiligen Fall besser geeignet ist hängt von diversen Faktoren ab, welche wir Ihnen gerne im persönlichen Gespräch erläutern.
  • Zugang von hinten am Nacken (Operation nach Frykholm). Hierbei wird die Bandscheibe als solche belassen und lediglich der die Nervenwurzel am Austrittsloch aus der Halswirbelsäule komprimierende Bandscheibenvorfall mikrochirurgisch entfernt. Fremdmaterial wird also nicht eingebaut.

Brustwirbelsäule:

Bandscheibenvorfälle der Brustwirbelsäule werden entweder von hinten bzw. von hinten-seitlich nach Entfernung von ein paar Knochenstrukturen unter Schonung des Rückenmarks entfernt.

Lendenwirbelsäule:

Das Rückenmark reicht bei den meisten erwachsenen Menschen nur bis zum 1. oder 2. Lendenwirbelkörper. Unterhalb davon befinden sich die sich später zu den Beinnerven formierenden Nervenwurzeln. Diese schwimmen in Nervenwasser, beschützt von einer wie ein Gartenschlauch anmutender Struktur (Duralschlauch) und sehen aus wie ein Pferdeschweif (Cauda equina). Nachdem der Operateur einen Hautschnitt von 3-4 cm Länge gemacht hat, werden die Rückenmuskeln von den Knochenspangen (Laminae) der Lendenwirbelsäule abgeschoben. Zwischen den Knochenspangen ist Bandgewebe, welches mit kleinen Stanzinstrumenten entfernt wird, um den minimal-invasiven Zugang zum Wirbelkanal zu ermöglichen. Dafür ist meistens ein wenig knöcherne Erweiterung (Fensterung) der Knochenspangen notwendig. Man blickt schließlich auf den bereits erwähnten Duralschlauch, welcher nicht eröffnet wird (dies kann durch Verklebungen, v.a. nach bereits stattgehabten Operationen oder bei älteren Patienten) in 5-10 % der Fälle trotzdem passieren). Dieser wird vorsichtig zur Seite geschoben und das in den Wirbelkanal vorstehende Bandscheibengewebe geborgen. Der Neurochirurg bezeichnet diesen auch als Prolaps oder Sequester. Dieser Teil der Operation wird daher auch als Sequestrektomie bezeichnet. Die Bandscheibe (Nukleus) wird i.d.R. belassen. Mit kleinen Instrumenten wird dort aber hineingegriffen, um eventuell lockeres Bandscheibengewebe, welche später nachrutschen könnte, herauszuholen. Ist dies der Fall, so spricht man von einer Nukleotomie. Am Ende der Operation wird manchmal eine Drainage eingelegt, welche i.d.R. am 1. postoperativen Tag entfernt wird. I.d.R. werden selbstauflösende Fäden verwendet, welche später also nicht entfernt werden müssen. Die meisten Patienten verbleiben zwischen 3-5 Tagen bei uns und in jedem Fall solange, bis sie sich sicher fühlen, nach Hause zu gehen.

Hier ein Artikel zu diesem Thema aus unserem Zuweisermagazin.

Bei der minimal-invasiven mikrochirurgischen Fensterung wird nur ein wenig von der hinteren Knochenspange weggefräßt (gestrichelte Linie) und das Band (rosa Fläche) entfernt, um Zugang in den Wirbelkanal zu erhalten.