Spinale Tumoren

Tumore (übersetzt: Geschwulst, Gewächs, Anschwellung) können im gesamten Körper auftreten, auch als spinale Tumore in der Wirbelsäule und im Rückenmark sowie an den Rückenmarkshäuten. Man unterscheidet gutartige (z.B. Meningeome, Neurinome) und bösartige Tumore (z.B. Gliome, Metastasen).

Zunächst kann man einen Tumor an der Wirbelsäule anhand seiner anatomischen Lage einteilen in Tumore, die außerhalb der Rückenmarkshäute (extradural; 90 % aller spinalen Tumore) und Tumore, die innerhalb der Rückenmarkshäute aber noch außerhalb des Rückenmarks liegen (intradural, extramedullär; 9 %). Sehr selten (1 %) tritt ein Tumor direkt im Rückenmark auf und wird dann als intradural intramedullär bezeichnet.

Spinale Tumore nehmen den engen Raum des Wirbelkanals für sich in Anspruch und üben somit im Verlauf Druck auf das Rückenmark und die davon abgehenden Nervenfasern aus. Die Symptome sind je nach Tumorlokalisation unterschiedlich und können von lokalen Schmerzen bis hin zu neurologischen Störungen im Sinne eines sich entwickelnden Querschnittssyndrom reichen.

Bildgebende Verfahren zur präoperativen Planung umfassen die Magnetresonanz- und Computertomographie, oder auch nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren (Szintigraphie). Die operative Entfernung des Tumors in mikrochirurgischer Technik kann unter elektrophysiologischem Monitoring erfolgen, um während des Eingriffes eine Information über die Rückenmarksfunktion zu haben.

Krankheitsbilder

Meningiome kommen nicht nur im Kopf, sondern auch an der Wirbelsäule vor. Es handelt sich meist um gutartige Tumoren, die ihren Ursprung von der sogenannten Arachnoidalmembran nehmen, welche das Rückenmark wie eine dünne Schutzhülle umgibt. Spinale Meningiome wachsen langsam und können deshalb lange unerkannt bleiben bis sie entweder das Rückenmark und/oder die davon abgehenden Nervenwurzeln komprimieren und auf diese Weise deren Funktion beeinträchtigen.

Meningeome werden klassifiziert als:

  • langsam wachsende (gutartige) Meningiome (WHO-Grad I), sie sind die überwiegend auftretende Form
  • zu Rezidiven (erneutem Wachstum) neigende atypische Meningiome (WHO-Grad II)
  • sehr selten schnell wachsende anaplastische Meningiome (WHO-Grad III)

Steht eine Operation an, wird diese mit dem Ziel der möglichst kompletten Entfernung des Meningioms mikrochirurgisch vorgenommen.

Spinale Neurinome gehen von den Nervenwurzeln aus. 

Bei den Tumoren des peripheren Nervensystems handelt es sich meist um Neurinome, welche auch synonym als Schwannome bezeichnet werden, weil sie aus den sogenannte Schwann´schen Zellen der Nervenscheide hervorgehen. Sehr selten werden diese Nervenscheidentumoren bösartig.

Typische Lokalisationen sind der Hör- und Gleichgewichtsnerv (Akustikusneurinom), die spinalen Nervenwurzeln oder periphere Nerven (z.B. der N. medianus am Arm oder der N. ischiadicus am Bein).

Symptome können Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nerven mit oder ohne sensomotorische Ausfälle (also Taubheit, Kribbelmissempfindungen und Muskellähmungen) sein. Tumoren der peripheren Nerven können aber auch einfach durch eine Schwellung unter der Haut auffallen. Durch Beklopfen können dann häufig Missempfindungen ausgelöst werden.

Die Diagnostik umfasst die Bildgebung mittels Nervenultraschall und MRT bei oberflächlichen Tumoren mit ggf. neurologischer Funktionsdiagnostik mit Messung der Nervenströme.

Eine Operation kann in manchen Fällen indiziert sein. Diese erfolgt in der Klinik für Neurochirurgie unter Einsatz des Operationsmikroskops unter intraoperativem Neuromonitoring zur Überwachung der Nervenfunktionen. Der Eingriff erfolgt meist in Allgemeinanästhesie im Rahmen eines stationären Kurzaufenthaltes. Ziel der Operation ist die komplette Resektion des Tumors unter Erhaltung der Nervenfunktion soweit möglich. Die Prognose der gutartigen Nerventumoren ist sehr gut. Die Nachbetreuung erfolgt über die neurochirurgische Sprechstunde im MVZ.

Gesondert zu erwähnen ist noch die Morton Neuralgie. Diese beschreibt ein Schmerzsyndrom im Vorfuß, typischerweise im Verlauf der 3. und 4. Zehe. Ausgelöst wird dies durch eine Kompression von Nervenfasern der Fußsohle (Plantarnerven), welche zu einer reaktiven Verdickung der Nervenfasern mit schliesslich Ausbildung eines sogenannten Morton Neuroms führt.

Die Diagnose wird anhand der klinischen Beschwerden und einer MRT des Vorfußes, in welchem man die Nervenverdickung gut erkennen kann, gestellt. Sollten konservativen Maßnahmen wie Schuheinlagen oder örtliche Spritzen zu keiner ausreichenden Beschwerdelinderung führen, ist eine operative Therapie möglich. Hierbei wird über einen kleinen Hautschnitt an der Fußoberseite zwischen den entsprechenden Zehen die Nervenverdickung im ambulanten Rahmen entfernt.

Ependymome sind Tumoren, die von der Auskleidung der Hirnkammern und des Zentralkanals des Rückenmarks (Ependym) ausgehen. In den meisten Fällen sind Ependymome gutartig, jedoch gibt es auch Fälle, die eine höhere Wachstumstendenz und Infiltrationsneigung sowie eine Aussaat im Nervenwasserraum aufweisen.

Unter Astrozytomen und Gliomen werden alle Tumore zusammengefasst, die sich aus den sogenannten Astrozyten (den Nervenzellen) bzw. Gliazellen (dem Stützgewebe des Gehirns und Rückenmarks), entwickeln. Im Rückenmark wachsen diese Tumore somit intramedullär. Unterformen der Gliome sind mehrheitlich niedriggrade Astrozytome der WHO Grade I oder II.

Metastasen (auch ‚Tochtergeschwülste‘) stammen aus einem Primärtumor, indem sie sich von diesem ablösen und auf verschiedenen Wegen andere Körperregion erreichen, dort verbleiben und sich weiter vermehren.

Die Ausbreitung kann über drei Wege erfolgen:

  • Über das Blut (hämatogene Metastasierung)
  • Über die Lymphbahnen (lymphogene Metastasierung)
  • Kontinuierlich aus der Nachbarschaft (z.B. Lunge)

Die Organe, in welche viele Krebsarten metastasieren sind Lunge, Leber und Knochen. V.a. die Bereiche des Skeletts, in welchen die Blutbildung stattfindet, bieten den Tumorzellen günstige Wachstumsbedingungen. Die Wirbelsäule ist der häufigste Ort von Skelettmetastasen. Überwiegend sind die Brust- und Lendenwirbelsäule betroffen. Am häufigsten treten Knochenmetastasen bei Brust-, Prostata-, Lungenkrebs, Nieren- und schwarzem Hautkrebs sowie dem Multiplen Myelom auf. Bis zu 10% aller Tumorpatienten entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung Wirbelsäulenmetastasen.

Die Therapieentscheidung gestaltet sich interdisziplinär mit den Onkologen und Strahlentherapeuten unter Berücksichtigung des Allgemeinzustandes des Patienten. Grundsätzlich geht es bei der Therapie von Wirbelsäulenmetastasen darum, die Lebensqualität zu verbessern bzw. zu erhalten, indem die Schmerzen gelindert und neurologische Funktionen aufrechterhalten werden. Bei der Therapieauswahl sind Anzahl und Ausbreitung der Wirbelkörpermetastasen zu berücksichtigen und das Vorliegen einer Instabilität. Daher kann zusätzlich zur mikrochirurgischen Resektion der Metastasen auch eine Stabilisierung der Wirbelsäule mit Schrauben notwendig sein. In vielen Fällen werden Metastasen bestrahlt bzw. mit Chemotherapie behandelt.