Rekonstruktive Chirurgie bei Lähmung des Gesichtsnerven (Fazialisparese)

Die Lähmung des Gesichtsnerven (N. facialis) kann viele Ursachen haben. Unter anderem können Infektionen, Verletzungen und Tumore dazu führen. Die häufigste Ursache ist jedoch die sogenannte Idiopathische Fazialisparese. Hierbei lässt sich keine Ursache finden, es ist immer nur eine Gesichtshälfte betroffen und häufig kommt es zu einer vollständigen bzw. teilweisen Rückbildung der Symptomatik. Da der Gesichtsnerv hauptsächlich für die Innervation der mimischen Muskulatur verantwortlich ist und zudem noch die Tränen- und Speichelsekretion sowie die Geschmackswahrnehmung beeinflusst, führt eine Lähmung meistens zu einer Erschlaffung der Gesichtsmuskulatur auf der betroffenen Seite. Mit einer Häufigkeit von etwa 20–30 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr tritt die Idiopathische Fazialisparese (Bell´s palsy) auf. Somit treten in Deutschland ca. 20.000 Fälle pro Jahr auf.

In den meisten Fällen kommt es wie oben erwähnt zu einer vollständigen bzw. teilweisen Rückbildung der Symptome, sodass eine Therapie nicht mehr notwendig ist. Bei einem Teil der Patienten sind die Symtpome aber irreversibel und die damit einhergehenden Probleme stellen die Patientinnen und Patienten vor enorme Herausforderungen im alltäglichen Leben.

Auf dieser Seite möchten wir die Grundlagen der Erkrankung und der Behandlungsoptionen kurz erläutern. Für weitere Informationen und eine personalisierte Empfehlung für Sie empfehlen wir eine Vorstellung in unserer Sprechstunde.

So erreichen Sie uns

Kontaktinformationen

Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. med. Mojtaba Ghods
Chefarztsekretariat: Anika Pantke 

0331 241-37802

0331 241-37800

anika.pantke@klinikumevb.de

Hebbelstraße 1, 14467 Potsdam

Direkter Zugang zum Gebäude der Poliklinik (J) über die Hebbelstraße. Die Praxis befindet sich in der 1. Etage.

Lageplan

Symptomatik

Es muss zwischen einer zentralen (hierbei findet sich die Schädigung im Gehirn) und einer peripheren Fazialisparese (hierbei liegt eine Schädigung des Nerven selbst vor) unterschieden werden. Beim zentralen Lähmungstyp ist v.a. die periorale mimische Muskulatur betroffen, wodurch die Patient*innen im Gegensatz zum peripheren Lähmungstyp noch in der Lage sind die Stirn zu runzeln.

  • Einseitige schlaffe Lähmung der Gesichts-Muskulatur
  • veränderte Aussprache aufgrund von erschlaffter Wangen- und Lippenmuskulatur
  • Verlust des Lächelns
  • Probleme beim Essen/Trinken aufgrund unvollständigem Mundschluss
  • asymmetrisches Gesicht
  • Verlust der Fähigkeit des vollständigen Lidschlusses mit Gefahr von Hornhautschäden – Erweiterte Lidspalte
  • positives Bell-Phänomen: aufgrund des unvollständigen Lidschlusses wird die physiologische Aufwärtsbewegung des Augapfels sichtbar
  • verstrichene Stirn- und Nasolabialfalten
  • Geschmacksstörung der vorderen 2/3 der Zunge
  • Abnahme der Speichelsekretion
  • Geräusch-Überempfindlichkeit
  • Abnahme der Tränensekretion

Diagnostik

Die Erstdiagnose erfolgt meistens durch einen Neurologen oder HNO-Arzt. Anschließend sollte durch enge interdisziplinäre Zusammenarbeit eine Ursachenforschung erfolgen. Hierbei sollten sowohl klinische wie elektrophysiologische Untersuchungen zum Einsatz kommen.

  • Elektroneuronographie (Nervenleitgeschwindkeitsuntersuchung - NLG)
  • Elektromyographien
  • Lumbalpunktion, um z.B. eine Borreliose auszuschließen
  • Stapediusreflexmessung (Lokalisationsdiagnostik)
  • Ggf. Bildgebung mittels MRT zum Ausschluss von Tumoren

Dabei geht es darum die Ursache, die Lokalisation und die Ausprägung der Lähmung herauszufinden.

Nach Besprechung der Befunde erfolgt die Erarbeitung eines gemeinsamen Therapiekonzeptes.

Therapie

An erster Stelle steht die Therapie der Ursache. Handelt es sich um eine Infektion sollte diese so schnell wie möglich therapiert werden. Bei Raumforderungen oder Trauma sollte eine operative Therapie mit Entfernung bzw. sofortiger Rekonstruktion erfolgen. Zu den Möglichkeiten der operativen Therapie folgen unten weitere Informationen.

Falls sich keine Ursache ausmachen lässt und man von einer Idiopathischen Fazialisparese ausgeht sollte eine Stoßtherapie mit Kortison über 10 Tage erfolgen.

Egal welcher Ursache die Gesichtslähmung hat empfiehlt sich der zügige Beginn zum Schutz des Auges vor Austrocknung und die Physiotherapie der mimischen Muskulatur.

Operative Therapie

Wir bieten Ihnen in unserer Abteilung das gesamte Spektrum der operativen Therapie zur Behandlung der Gesichtslähmung an. Dazu zählen sowohl die Nervenrekonstruktion sowie mehrzeitige plastisch-rekonstruktive Verfahren zur Wiederherstellung der Funktionen der Gesichtsmuskulatur. 

  • Primäre Nervennaht: Die besten Aussichten auf eine vollständigen Rückbildung der Symptome nach erlittenem Traum
  • Sekundäre Nervennaht - Nerveninterponate: mit Hilfe von transplantierten Hautnerven (z.B. vom Unterschenkel) können Unterbrechungen des Nerven überbrückt werden
  • In bestimmten Situationen kann mit Hilfe eines transplantierten Nerven (z.B. vom Unterschenkel) und Verbindung zu einem Teil des Gesichtsnerven der gesunden Seite eine Reinervation der gelähmten Muskulatur erreicht werden.
  • Dieses Verfahren kann ebenfalls in Kombination mit dem funktionellen Muskeltransfer erfolgen.
  • Darunter versteht man das Verpflanzen von anderen Muskeln, sodass sie die Funktion der mimischen Muskulatur übernehmen
  • Lokal: Hierfür geeignet sind zum Beispiel der Schläfenmuskel (M. Temporalis) oder der Kaumuskel (M. masseter)
  • Es können auch Muskeln von ganz anderen Körperstellen transplantiert werden.  Dafür benötigt man ein Muskel-Nerv-Gefäß-Transplantat, z.B. vom Oberschenkel (M. gracilis) als Ersatz für die gelähmte Gesichtsmuskulatur
  • Dieses wird dann an vorhandenen Nerven (z.B. N. Massetericus) oder an vorher vorbereiteten Nerven wie beim CFNG (siehe weiter oben) angeschlossen
  • Durch Zügelung an Schlüsselpunkten kann eine Ruhesymmetrie erreicht werden
  • Dabei werden Teile des Zungennerven (N. hypoglossus) mit Teilen des Gesichtsnerven verbunden um die gelähmte Muskulatur wieder zu innervieren

Welche Therapieoption die richtige Wahl für Sie ist lässt sich nicht allgemein sagen. Es sollte immer eine ausführliche Beratung mit Fachärzt*innen für Plastische- und Rekonstruktive Chirurgie erfolgen. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Klinikum Ernst von Bergmann gewährleisten wir eine optimale Versorgung mit bestmöglicher Rehabilitation und somit Erleichterung im Alltag sowie Verbesserung von Lebensqualität.