Fistelleiden

Analabszesse (siehe Analabszess) und Analfisteln stellen zwei Erscheinungen des gleichen Krankheitsbildes dar, wobei der Abszess die akute und die Fistel die chronische Form ist. Eine Analfistel ist eine Verbindung zwischen einer Öffnung im Darm und einer Öffnung in der Region des Afters.

Ausgangspunkt der Erkrankung sind die sogenannten "Proktodealdrüsen" (rudimentäre Duftdrüsen), die sich zwischen dem inneren und äußeren Anteil des Schließmuskels befinden und in den Analkanal münden. Bei einer Entzündung der Proktodealdrüse führt die Gewebeschwellung zu einer Verstopfung der Ausführungsgänge. Es entwickelt sich hierdurch ein Abszess (akute Form der Erkrankung), welches sich zwischen den verschiedenen Schließmuskelanteilen ausbreiten kann. Verbleibt die Verbindung zum Analkanal, entwickelt sich eine Fistel (chronische Form der Erkrankung; auch kryptoglanduläre Fisteln genannt). Die kryptoglandulären Fisteln machen den Hauptteil der Fistel aus.

Analfisteln können aber auch durch andere Erkrankungen im Analbereich entstehen. Dazu zählen:

  • (Chronisch) entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Divertikulitis),
  • bakterielle Infektionen (z.B. Tuberkulose)
  • immunsupprimierende Erkrankungen (z. B. HIV, Leukämie)
  • bösartige Erkrankungen nach Operationen im Bereich des Beckenbodens (z.B. Entfernung des Enddarmes bei Krebserkrankungen).

Diese Fisteln bedürfen meistens einer komplexeren und interdisziplinären Behandlung mit anderen Fachrichtungen und sind nicht Bestandteil dieses kurzen Leitpfades.

Der Verlauf der Fistelgänge in Beziehung zum Schließmuskel ist maßgeblich für die Einteilung und Therapieplanung einer Analfistel. In Anlehnung an die am weitesten verbreitete Klassifikation des englischen Chirurgen Sir Alan Parks unterscheidet man folgende Typen:

Typ 1: intersphinktere Analfisteln (sehr häufig): die Gänge verlaufen zwischen dem inneren und dem äußeren Schließmuskel

Typ 2: transsphinktere Analfisteln (häufig): die Gänge durchbohren beide Schließmuskelanteile

Typ 3: suprasphinktere Analfisteln (selten): die Gänge verlaufen zwischen Schließmuskel und Beckenbodenmuskeln

Typ 4: extrasphinktere Analfisteln (sehr selten): die Gänge verlaufen außerhalb der Schließmuskeln und haben ihren Ursprung außerhalb des Enddarms. Es handelt sich somit nicht um typische Analfisteln

Typ 5: submuköse Analfisteln (selten): die Gänge verlaufen direkt unter der Schleimhaut. Der Schließmuskel ist nicht beteiligt.

Die typischen Symptome einer Analfistel bestehen in der anhaltenden Absonderung von zum Teil eitrigem Sekret. Bei zwischenzeitlicher Abheilung der äußeren Fistelöffnung kommt es zu einem Stopp der Absonderung, die nach Druckerhöhung, die sich durch lokale Schmerzen bemerkbar macht, wieder auftritt.

Der Nachweis einer äußeren Fistelöffnung sollte die Indikation zur operativen Intervention darstellen. Die endgültige Klassifikation sollte während der Operation anhand der Untersuchung, Sondierung und ggf. Anfärbung erfolgen. Eine Beurteilung der Sphinkterfunktion vor einer Operation ist sinnvoll. Bei entsprechenden Verdachtsmomenten in der Vorgeschichte sollte im Rahmen der Behandlung auch eine Darmspiegelung zum Ausschluss einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung erfolgen. Bei komplexen und bei rezidivierenden Fisteln sollte eine transanale Endosonographie (Ultraschall) oder sogar eine MRT-Untersuchung erfolgen. Welche Therapieoptionen stehen zur Verfügung? Die Feststellung einer Analfistel stellt grundsätzlich eine Operationsindikation dar und dient der Vorbeugung einer erneuten Entzündung. Auch eine - sehr seltene - Entstehung von bösartigen Veränderungen bei lange bestehenden Fisteln wird in der Literatur beschrieben. Nicht-operative Therapiemöglichkeiten mit dem Ziel der definitiven Heilung sind nicht vorhanden.

Die Wahl des operativen Therapieverfahrens richtet sich nach dem Fistelverlauf und seinem Verhältnis zum Schließmuskel.

Fistelspaltung (Fistulotomie)

Die Freilegung oder Spaltung einer Analfistel stellt die am häufigsten angewandte Therapiemaßnahme dar. Bei oberflächlichen Fisteln kann dabei eine fast 100%ige Heilungsrate erzielt werden. Die Häufigkeit von Kontinenzstörungen wird in der Literatur als relativ niedrig beschrieben. Sie stellt jedoch eine ernst zu nehmende Folgeerscheinung dar. In jedem Fall steigt die Inkontinenzrate mit der Masse an durchtrenntem Schließmuskelanteil. Eine großzügige Spaltung sollte in jedem Fall vermieden werden.

Fadendrainage

Die wichtigste Funktion der Fadendrainage liegt in der Vorbereitung der Fistel vor einer späteren Operation, wenn im Rahmen einer Abszessoperation eine eindeutige Fistel nachgewiesen wurde. Einen wichtigen Stellenwert hat die Langzeitfadendrainage bei der Behandlung von Crohn-Fisteln.

Plastischer Verschluss (Verschiebelappenplastik)

Ziel der verschiedenen Verfahren ist das Ausschneiden der Fistel und des Entzündungsherds mit Naht der Muskulatur im Bereich der inneren Fistelöffnung im Enddarm. Die innere Naht wird dann mit einem Gewebestreifen aus der Darmschleimhaut (Mucosa - (Submucosa-) - Verschiebelappen (Mucosa Flap), der Enddarmwand (Rektumvollwand - Verschiebelappen (Rectal advancement Flap) oder der äußeren Haut (Anodermaler Verschiebelappen (Anoderm Flap)) überdeckt. Die äußere Wunde bleibt in der Regel offen.

LIFT-Verfahren

Die Fistel wird im Raum zwischen den Schließmuskeln aufgesucht und mit einer Naht verschlossen.

Analfistel-Plug

Im Gegensatz zu den herkömmlichen Verfahren erfolgt keine Ausschneidung des entzündlichen Gewebes sondern lediglich ein Verstopfen mit einem konusförmigen Fremdmaterial.

Welche OP-Methode für Sie in Frage kommt hängt von mehreren Faktoren ab und wird bei der proktologischen Voruntersuchung und letztendlich bei der Operation entschieden.