Hirntumorchirurgie

Ein wichtiges Gebiet der Neurochirurgie ist die Behandlung aller Arten von Hirntumoren. Nicht alle Tumoren im Kopf nehmen ihren Ursprung vom Gehirn selbst. In der Tat handelt es sich bei den meisten Tumoren um Hirnmetastasen, also Ableger im Gehirn eines anderen Tumors im Körper. Nicht selten kommen auch Meningiome, welche in den allermeisten Fällen gutartig sind, im Kopf vor.

Bei den hirneigenen Tumoren handelt es sich um Tumore, welche ihren Ursprung von den Hirnzellen (Astrozyten) oder dem Stützgewebe des Gehirns (der sogenannten Glia) nehmen. Entsprechende Tumorunterarten sind die Astrozytome, Gliome, Oligendrogliome oder Mischtumore.

Jeder Hirntumor hat unterschiedliche Charakteristika (Auftretenswahrscheinlichkeit abhängig von Lebensalter und Geschlecht, Darstellung in der Bildgebung, Therapiemöglichkeiten, Prognose, etc.). Oligendrogliome z.B. treten im mittleren Lebensalter und etwas gehäufter beim männlichen Geschlecht auf. Nicht selten können sich Patienten mit Oligendrogliomen mit einem epileptischen Anfall präsentieren. Die Tumoren zeigen charakteristischerweise Verkalkungen. Eine detaillierte Darstellung aller Hirntumorarten findet sich z.B. auf der Homepage der Deutschen Hirntumorhilfe e.V..

Klassisch werden Hirntumore nach ihrem Aggressivitätsgrad eingeteilt nach der WHO-Klassifikation: WHO I (gutartig) - IV (bösartig). Glioblastome z.B. sind sehr aggressiv wachsende Tumoren (WHO IV).

Glossar

Die meisten Hirntumore sind in der Tat keine hirneigenen Neubildungen, sondern stammen ursprünglich von einem bösartigen Primärtumor ab, der zunächst in einem anderen Organ entstanden ist. Zellen dieser Primärtumore können im Krankheitsverlauf über Blut- oder Lymphgefäße in andere Körperregionen gelangen und dort neue Ansiedlungen bilden - sogenannte Metastasen. Tatsächlich sind Hirnmetastasen bis zu 5x häufiger als hirneigene Tumoren und stellen somit ein häufiges Krankheitsbild in der Neurochirurgie dar.

Prinzipiell können sämtliche Krebsformen Hirnmetastasen bilden. Besonders häufig treten sie jedoch bei Patienten mit Lungen-, Brust-, Magen-Darm-Krebs oder dem schwarzen Hautkrebs auf als Ausdruck einer bereits fortgeschrittenen Krebserkrankung.

Das klinische Bild beim Vorliegen von Hirnmetastasen kann sehr vielfältig sein. Je nach Lage der Tumoren im Gehirn können diverse neurologische Ausfälle auftreten wie Sprachstörungen, Lähmungen oder Störungen der Sensibilität. Sie können auch epileptische Anfälle verursachen. Manchmal fallen Hirnmetastasen durch Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auf.

Hirnmetastasen kommen am besten im MRT zur Darstellung, wo sie klassischerweise ringförmig Kontrastmittel anreichern (dies tun aber auch andere Raumforderungen im Gehirn). Hirnmetastasen können einzeln vorliegen, aber auch mehrere Herde sind möglich. Die Planung der Therapie erfolgt individuell nach Besprechung des jeweiligen Patienten in einer interdisziplinär besetzten Tumorkonferenz und ist abhängig von diversen Faktoren wie der Beschaffenheit des Primärtumors, der Anzahl, Lage sowie Größe der Metastasen, deren operativer Zugänglichkeit und auch des Allgemeinzustandes des jeweiligen Patienten.

Ist eine operative Entfernung sinnvoll, so schließt sich in den meisten Fällen eine Bestrahlung an, welche das Wiederauftreten derselben Metastase oder die Bildung weiterer Metastasen im Gehirn verlangsamt. Alternativ zur neurochirurgischen Resektion können radiochirurgische Methoden zum Einsatz kommen wie das Gamma-Knife. Medikamentöse Therapien (Chemotherapie, Immuntherapie) richten sich grundsätzlich nach dem Primärtumor und gewinnen für die Behandlung von Hirnmetastasen zunehmend an Bedeutung.

Meningeome sind mehrheitlich gutartige, der Hirnhaut (Meninx) anhaftende, verdrängend wachsende Tumoren, die aus meningealen (arachnoidalen) Tumorzellen bestehen. Meningeome sind mit einem Anteil von ca. 20 % aller diagnostizierten Tumore relativ häufig und kommen nicht nur im Bereich des Kopfes sondern auch der Augenhöhle und des Wirbelkanals vor. Sie wachsen meist langsam und verdrängend bis es zu meist neurologischen Symptomen kommt. Einige Meningeome werden auch zufällig im Rahmen einer Untersuchung (Computertomografie - CT, Magnetresonanztomografie - MRT) des Kopfes wegen anderer Beschwerden gefunden. Die einzige kurative Behandlung ist die operative Entfernung dieser Tumore.

Die Eingriffe erfolgen in Vollnarkose in mikrochirurgischer Technik durch einen Neurochirurgen. Bei schwierigen Verhältnissen durch eine extreme Größe des Tumors oder heikle Lage zu eloquenten Hirnarealen nutzen wir verschiedene Hilfstechniken wie die Neuronavigation, das intraoperative Monitoring, den intraoperativen Ultraschall oder die präoperative Embolisation (Verschluss) tumorversorgender Gefäße, um das Ausmaß der Tumorresektion zu verbessern und die Risiken des Eingriffs zu verringern. 

Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ist ein etwa erbsengroßer Teil des Gehirns, welcher durch Hormone wichtige Vorgänge wie Wachstum, Stoffwechsel und Fortpflanzung steuert. In der Hirnanhangdrüse können sogenannte Hypophysenadenome auftreten. Dabei handelt es sich um gutartige Geschwulste, welche ungefähr 10% alle Tumoren im Schädelinneren ausmachen. Je nach Grösse des Adenoms unterscheidet man Mikroadenome (kleiner als 1cm) von Makroadenomen (grösser als 1cm). Die Adenome können hormonbildend oder nicht-hormonbildend sein. Daher muss in jedem Fall eine Hormondiagnostik erfolgen. Neben Hormonstörungen kann es – bei ausgeprägtem Grössenwachstum – durch lokale Kompression der Sehbahn auch zu Ausfällen im Gesichtsfeld kommen.

Viele Hypophysenadenome bedürfen lediglich regelmäßiger Kontrollen. In manchen Fällen kann ein Hypophysenadenom, wenn es sich um ein sogenanntes Prolaktinom handelt, mit einem Medikament behandelt werden. Wenn eine Operation erforderlich sein sollte, dann wird diese – wenn möglich - mit dem Mikroskop oder auch Endoskop durch die Nase operiert (sogenannter transspenoidaler Zugang).

Unsere Patienten werden in unserer Hypophysensprechstunde am MVZ in enger Kooperation mit den hiesigen Endokrinologen betreut.

Behandlungsmöglichkeiten

Erster Schritt zur günstigen Beeinflussung des Krankheitsverlaufs bei Hirntumoren ist die operative Entfernung möglichst vieler Tumorzellen (Cytoreduktion). Abhängig von der Lage und Größe des Tumors besteht die Schwierigkeit, keine wichtigen funktionellen Hirnareale zu schädigen, die zu neurologischen Behinderungen des Patienten führen könnten. Deshalb werden diese Operationen standardmäßig mikrochirurgisch, das heisst mit Hilfe des Operationsmikroskops, durchgeführt. Da sich diese Tumoren jedoch nicht klar von dem noch gesunden umgebenden Hirngewebe abgrenzen lassen und dieses im Randbereich infiltrieren, ist die Erfahrung und Geschicklichkeit des Operateurs bei der genauen Abgrenzung des Tumors besonders wichtig. Zudem kommen (je nach Fall) weitere Techniken wie 5-ALANeuronavigationUltraschallUltraschallaspirator und Neuromonitoring zur Anwendung. Ist eine Überlappung des Tumores mit funktionell besonders wichtigen Hirnregionen zu vermuten, so stellt die Wachoperation die sicherste Variante dar.

Neben der Verringerung der Tumormasse hat die Operation auch die Diagnosesicherung als wichtiges Ziel. Das entnommene Tumorgewebe wird vom Pathologen unter dem Mikroskop mit speziellen Gewebefärbetechniken untersucht und klassifiziert. Des weiteren wird auf spezielle Tumormarker (z.B. MGMT, IDH, LOH 1p/19q, TERT, etc.) untersucht. Diese haben teils prognostische Aussagekraft und bestimmen bei manchen Hirntumorarten auch die Anschlusstherapie (Chemo-, Strahlentherapie, Tumor-Therapie-Felder) mit, welche letztlich auf dem interdisziplinären Tumorboard festgelegt wird.

Unsere Patient*innen werden nach ihrer Hirntumor-Operation am MVZ Neurochirurgie in der Tumorsprechstunde betreut.

Die Deutsche Hirntumorhilfe e.V. bietet eine Austauschplattform für Gleichbetroffene und Angehörige an.

Tumor-Therapie-Felder

Eine zusätzliche Behandlungsmöglichkeit für das Glioblastom ist die Anwendung von Tumor-Therapie-Feldern (Tumor-Treating-Fields; TTF). Die Therapie erfolgt mit Hilfe von elektrischen Wechselfeldern. Man geht davon aus, dass diese Wechselfelder die Zellteilung des Tumors stören und so die Vermehrung der Krebszellen verlangsamen. Die Felder werden lokal von 4 Keramik-Gel-Pads abgegeben, welche direkt auf die Kopfhaut geklebt werden. Dafür ist eine dauerhafte Komplettrasur notwendig, die für die meisten Patienten nach kurzer Zeit keine Belastung mehr darstellt. Der Strom dafür kommt aus einem über Kabel angeschlossenen Generator, welcher z.B. in einer Tasche oder in einem Rucksack mitgeführt wird. Die Pads werden alle 3-4 Tage gewechselt. Die Therapiedauer sollte möglichst lang sein und mindestens 18 Stunden am Tag betragen. Das Verfahren ist völlig schmerzfrei. Manchmal wird ein leichtes Wärmegefühl im Bereich der Kopfhaut angegeben. Allerdings sind auch Hautirritationen möglich.

Die Anträge für die Behandlung werden für Sie bei uns gestellt. Anschliessend kann der Hersteller Sie kontaktieren und weiterbetreuen. Die Kosten der Therapie müssen Sie nicht tragen. Details erläutern wir Ihnen gern. Die Therapie kann ambulant erfolgen und wird normalerweise bei neu diagnostiziertem Glioblastom ca. 4 Wochen im Anschluss an die kombinierte Strahlen-Chemotherapie begonnen und erfolgt dann begleitend zur erhaltenden Chemotherapie.